O. Welche Pflichten das Kind lernen und üben soll.
67. Der geretlekle Handwerksbursche.
Ein Handwerksbursche ging in der grimmigsten Kälte mit seinem
Bündel auf dem Rücken über die Heide. Seine Kleider waren dünn und
seine Strümpfe zerrissen. Ach, da fror es ihn sehr! Er weinte, und
die hellen Tränen froren ihm auf den Augenwimpern. „Lieber Gott,“
seufzte er, „weit und breit kein Dorf und keine Stadt, nicht einmal eine
Köhlerhütte! Ich werde erfrieren; ach, was wird meine arme Mutter an—
fangen! Mein Vater ist schon tot, dann hat sie niemand mehr, der
für ihren Unterhalt sorgt!“ Er wollte laufen, um sich zu erwärmen;
aber seine Glieder waren starr. Er wurde schläfrig, legte sich in den
Schnee auf sein Bündel und schlief ein. — Ein Postknecht ritt vorbei
und sah ihn starr da liegen; da er indes noch einige Lebenszeichen an
ihm bemerkte, ritt er schnell der nächsten Stadt zu und zeigte es auf der
Torwache an. „Was hilft's? Bis wir hinauskommen, ist er längst tot,“
sagten die Gefühllosen.
Ein armer Tagelöhner aber, welcher in der Wachtstube war, sich zu
wärmen, hörte es, und ihm brach das Herz vor Mitleid. Ohne ein
Wort zu sagen, eilte er auf die Landstraße, trug den erstarrten Hand—
werksburschen in das nächste Dorf, rieb ihn mit Schnee, brachte ihn der
Wärme immer näher und erweckte ihn endlich wieder. Darauf nahm er
ihn mit sich in die Stadt und teilte seinen Tisch, ob er gleich selbst
nicht viel hatte, mit ihm so lange, bis der Bursche imstande war, weiter
zu reisen. Zoh. Eriedr. Hãnel.
68. Der Blinde.
1. Ein blinder Mann am Wege steht, 3. Du hast zwei Auglein, klar und rein,
fleht um ein Stückchen Brot; und frohen Mut dabei;
ein Kindlein ihm zur Seite geht, — du siehst der Sonne hellen Schein,
sein Aug' ist leer und tot. kannst springen frank und frei.
2. Den grünen Wald, der Sonne Licht, 4. Drum danke Gott von Herzensgrund
der Blumen bunte Pracht für deiner Augen Licht!
schaut sein erstorbnes Auge nicht, — Wie reich bist du, gesund und frisch, —
für ihn ist's immer Nacht. vergiß des Blinden nicht!
Christ. Dieffenbach.
69. FMih Oberlin.
In der Stadt Straßburg auf dem Markte hielt eine arme Bauern—
frau Eier feil. Da rannten zwei mutwillige Knaben an den Korb, stießen
ihn um und liefen mit Lachen davon. Das sah ein andrer Knabe,
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