Full text: Für die Unterstufe beider Konfessionen (Teil 1, [Schülerband])

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und der Knabe hatte die Namen Friedrich Wilhelm erhalten. Als 
nun einst bei Lurup die Kaiserparade stattfinden sollte, machte man 
den Kaiser darauf aufmerksam, daß sein jüngstes Patenkind dicht 
am Paradefelde wohne. Sofort wünschte der Kaiser, das Kind zu 
sehen, und als unsre Kaiserin davon hörte, ordnete sie an, daß die 
ganze Familie des Arbeiters dem Kaiser vorgestellt würde. 
Am Paradetage erschien denn auch pünktlich die ganze Familie 
vor dem Kaiserzelt: der Vater, die Mutter und sieben Knaben, der 
jüngste freilich auf dem Arme der Mutter. Gleich darauf kam auch 
der Kaiser. Er ritt sofort an die Familie heran und fragte schon 
von weitem: „Wo ist denn mein Patenkind?“ Die Frau des Arbeiters 
hob nun ihren Kleinsten empor, und der Kaiser neigte sich vom 
Pferde herab gegen das Kind, faßte seine beiden kleinen Händchen 
und sagte: „Guten Morgen, Kleiner!“ 
Der kleine Bursche konnte natürlich noch nicht antworten und 
schaute nur verwundert in das freundlich lächelnde Gesicht des 
Kaisers. Dabei bemerkte der Kaiser, daß das Kind keine Kopf— 
bedeckung trug, und meinte, da die Sonne heiß herniederschien: 
„Der Kleine kann ja den Sonnenstich kriegen. Hat er denn keinen 
Hut?“ Die Frau des Arbeiters antwortete, sie habe dem Kinde 
den Hut beim Herannahen des Kaisers abgenommen. 
Da legte der Kaiser seine Hand schützend auf den Kopf des 
Kindes und begann nun ein längeres Gespräch mit den Eltern. 
Er fragte den Vater nach seiner Beschäftigung, seinem Wohnort, 
seinem Alter, seinem Lohn und nach vielen Einzelheiten seiner 
Arbeit. Dann erkundigte er sich bei der Mutter, ob ihre Kinder 
immer gesund gewesen seien, und welche Krankheiten sie schon 
überstanden hätten. 
Schließlich sah sich der Kaiser auch die übrigen Knaben an. 
Er hatte seine Freude an ihrem frischen Aussehen und bemerkte 
lächelnd: „Unter diesen strammen Jungen wird gewiß einer sein, 
der Seemann werden möchte und einstmals bei der Marine ein— 
treten kann!“ 
Dann verabschiedete er sich von den Eltern und Kindern, indem 
er dem Vater wie der Mutter die Hand reichte, und ritt mit freund⸗ 
lichem Gruße davon. Gleich darauf aber kam einer seiner Begleiter 
zurückgesprengt und überreichte dem Vater im Auftrage des Kaisers 
ein großes Geldgeschenk. Arno Fuchs.
	        
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