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dann gackert sie lange, lange. Nimmt man, wie wir es thun,
ihr Ei wieder weg, so legt sie immer wieder von Tag zu Tag,
hoffend, man lasse sie ihr. Hat sie aber einen Haufen bei¬
sammen, so sängt sie an zu brüten, denn sie will nicht unsern
Tisch mit Eiern versehen, sondern Nachkommenschaft haben. Um
die Jungen kümmert sich der Hahn gar nicht, sondern überläßt die
Führung und Fürsorge unbedingt der Mutter! Er darf es auch,
denn diese sorgt für sie vollkommen, treuen und sorgfältigen Her¬
zens. Wie des Hahns Wachsamkeit, so ist der Gluckhenne
Mutterliebe Sprüchwort geworden. Unser Heiland hielt's ja nicht
unter seiner Würde, seine Liebe zu seinem großen Volke mit der
Liebe einer Gluckhenne zu ihrem kleinen Volke zu vergleichen. Das
Bild ist eins der lieblichsten, wohlthuendsten. Wie sie scharrt,
wie sie ruft, wie sie so zart ruft, wie sie den Jungen die Körn¬
chen und Krümchen zerbeißt und vor das Schnäbelchen legt, wie
sorglich sie stets auf sie sieht, wie sie zwischen ihnen steht und um
sie hergeht, wenn sie ihnen ruft, wenn Gefahr droht, wenn ein
Raubvogel in der Nähe dräuet. Die Jungen verstehen die Mutter¬
stimme wohl und laufen herbei und sie verbirgt alle unter ihre
ausgebreiteten Flügel und macht sie zu sicherndem Schilde und
Gewölbe, an welchen der Naubschnabel des Thiers, das nicht auf
die Erde kommt, sondern nur im Flug und Stoß eins erhaschen
will, vergeblich anprallt, weil die Federn elastisch sind. Wie un¬
ruhig ist sie, wenn er eins hat erwischen können. Freilich kann
sie nicht weit hinaufzählen und bemerkt bald nicht, ob^und daß ihr eins
entrissen worden. Sie stellt sich für sie auch gegen Hunde und
Menschen. Alle Jungen kennen sie. Wenn mehrere Gluckhennen
neben einander weiden und die eine ruft, so laufen nur die
ihrigen zu ihr, rufen beide auf verschiedenen Seiten, so eilen die
gemischten Küchlein schnell auseinander. Zwei Gluckhennen
wehrten sich mit ihren schlechten Waffen gegen einen Marder so
furchtbar, daß zwar beide starben, der Marder aber ausgehackte
Augen hatte, zerpickt und bluttriefend war und kaum sich noch
eine Strecke fortschleppen konnte. Was* vermag nicht die
Mutterliebe!