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Heimatkunde auf der Unterstufe.
man fehlen lassen Kann. Jedes Raumindividuum hat seine besondere Kultur,
und die mutz in die Fibel hinein, Am unterschiedlichsten ist die Urbane
Kultur, übereinstimmender die AgrarKultur. Die großstädtischen Fibeln zeigen
noch viel zu wenig Urbanen Charakter. Also heimische Kultur soll und
mutz hinein in das erste Lesebuch. Zollte das hineinbringen derselben auch
für den Ansang schwer sein, man schrecke vor den Schwierigkeiten nicht
zurück und versäume zum mindesten auf keinen Fall, datz man den zweiten
Teil der Fibel mit der Kultur der Heimat fülle.
Schon ältere pädagogische Richtungen suchten durch Darbietung kon-
zentrierter Gedankenmassen dem Menschen einen Grundstock zu schaffen,
der der Persönlichkeit halt und feste Form geben sollte. Dieser Gedanke
ist wichtig - denn ohne weiteres findet sich das Kind nicht in dem bunten
Allerlei der Gegenwartskultur zurecht. Er fordert uns auf, die Heimat als
Organismus dem kleinen Menschen vorzuführen. Dieser Gedanke führt
uns auf das hintereinander der Kulturteile. Bisher entspricht dem Aller-
weltsgewand der Fibel ein verworrenes Durch- und Nacheinander der
Lektüre-Stoffe. Diese verwirrende, konfuse heteronomie mutz verwandelt
werden in Harmonie, aus der Autonomie der einzelnen Häppchen mutz
Subordination unter das Ganze werden, alles soll sich dem (Drganis-
mus einordnen, so datz die Fibelanlage ein getreues Abbild eines gesunden
sozialen Gemeinwesens darstellt. Aus dem Niveau der reinen Zinnespflege
mutz sich der Unterricht erheben zur höhe der belebenden Idee. Solche
leitenden Gesichtspunkte, die die heimische Kultur verdichten zur Idee, sind
bald gefunden, so datz aus dem bunten Durcheinander und dem planlosen
hintereinander ein sauberes organisches Gefüge entsteht, welches garan-
tiert, datz die einzelnen der zahlreichen bunten Fäden des Lebensteppiches
mit Sicherheit und Leichtigkeit aus dem Ganzen herausgenommen werden
können, ohne datz man Gefahr läuft, den Ort ihres Daseins verloren zu
haben. Die Fibel mutz das schillernde, kaleidoskopartige Seifenblasengewand
ausziehen, die bunten Flicken in den Wind flattern lassen und sich
ein ganz modernes, kleidsames Kostüm anschaffen. Wenn die Fibel zur
rechten Jugendschrift werden soll, dann mutz sie heimische Kultur zur
Lektüre darbieten und im Interesse der Durchsichtigkeit zu einem zusammen-
hängenden Ganzen ausgebaut werden.
2. Unterricht und Sprache.
Der Begriff Anschauungsunterricht hat in der Pädagogik heillose ver-
wirrung angerichtet, stritt man sich doch lantze Zeit, ob die Anschauung ,,prin-
zip" oder „Disziplin" sei, ohne daran zu denken, datz aller Unterricht An-
säzauungen erwerben müsse, datz er ohne sie gar nicht auskommen könne.
Jener Streit verrät ziemlich deutlich, datz man es ahnte, auf dem Holzwege
zu sein, ohne den rechten Pfad finden zu können. Und noch heute herrscht
die Ausgeburt des Anschauungsunterrichtes, der Bilderdienst, in manchen
Schulen, wo die Behandlung der sog. Anschauungsbilder vorgeschrieben ist.
Am allerschlimmsten steht es in den Großstädten. Als ob Bilder An-
schauungen vermitteln können! Wunderbar ist es nur, daß man nicht auch
einen Begriffsunterricht erfunden hat,' denn ebensogut, wie man An-
schauungen erwecken wollte, müßte man doch Begriffe bilden. Aber aus nur
psychologischen Erwägungen ist das Schreckgespenst „Anschauungsunterricht"