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Miedrich Gottlieb Klopstock, 
geb. 2. Juli 1724 zu Quedlinburg, gest. als dänischer Legatiönsrath und badischer Hofrath 
14. März 1803 zu Hamburg. 
11. Aus dem ‚Messias“. 
Erzählung der Magdale. 
Müde vor Angst der Freude, voll Schweiß die Stirne, die Wange 
bleich, mit bebenden Lippen, mit starrer lechzender Zunge 
trat Maria Magdale unter die Weinenden, strebte 
ihre Hände gen Himmel zu heben, sie sanken ihr nieder, 
und sie faltet sie fest. „Er ist erstanden! erstanden!“ 
Also ruft sie mit einer Stimme des freudigen Schreckens, 
die nicht Harfen der Seraphim, nicht ihr Gesang ausdrückte. 
Dunkel wird es um sie. Sie sucht nach Stützen. Johannes 
hält sie, sie lehnt sich an ihn. Als er zu reden vermochte, 
sprach Lebbäus: „So hast auch du die Engel gesehen? 
Sanfter schlug jetzt ihr Herz. Sie sprach mit himmlischem Lächeln: 
„Ach, nicht Engel nur, ihn!“ — Da huben alle die Äugen 
still gen Himmel, nur Didymus nicht. Er nahte sich, sagte 
kalt, mit trübem Ernste: „Wer so sich täuscht, daß sein Auge 
Engel erblickt, der kann auch wähnen ihn selber zu sehen.“ 
„Didymus, ach! was haben wir dir, was hat dir, Geliebter, 
Jesus Christus gethan?“ antwortete Magdale ruhig. 
„Dies mein Auge sah ihn! am Fuße des Auferstandenen 
weinete dies mein Auge!“ — Jalkobus blickte mit Ehrfurcht 
und mit Staunen auf sie: „Hatt er die Klarheit der Himmel? 
waren Stralen sein Kleid?“ — „Er war ein Mensch, doch erblickt ich 
Gnaden in seinem Antlitz, die ich noch niemals gesehen, 
selbst nicht an ihm.“ — Jetzt naht auch Simon Petrus. Unzählbar 
waren die Zweifel, die ihn betäubten; ihr Ungestüm ließ ihn 
endlich reden. Er fragt und bebte die ÄAntwort zu hören. 
„Hast du auch seine Stimme gehört?“ — „Ja, Simon Johanna, 
seine Stimme, des Auferstandnen, des Göttlichen Stimme!“ 
„Ach! was sagt er zu dir?“ — „Ich empfind es, nein, ich vermag nicht 
auszusprechen, wie voll von Gnade die Stimme des Herrn war. 
Jener glich sie, mit der in seinem Blut er zu Gott rief: 
Vater, sie wissen es nicht, was sie thun; erbarme dich ihrer! 
Ach, noch sanfter, noch liebevoller sprach er: Maria! 
Ich erkannt ihn. Mir wars, ich wär in dem Himmel. Rabbuni! 
stammelt ich, hielt mit wankender Hand des Götllichen Füße. 
Liebend und ganz Barmherzigkeit sah mich der Herr an und sagte: 
Halt mich nicht also. Noch bleib ich bei euch. Du siehst mich noch wieder, 
und noch hab ich mich nicht zu meinem Vater erhoben! 
Geh zu unseren Brüdern und sage zu ihnen: Die Stunde 
meiner Herrlichkeit naht. Ich gehe zu meinem Vater 
und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem!“ — 
Christus Mutter hatte bisher mit sinkendem Haupte
	        
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