Friedrich von Schiller.
5. Der König tritt zurück mit Grauen.
„Doch warn' ich dich, dem Glück zu trauen,“
Versetzt er mit besorgtem Blick.
„Bedenk, auf ungetreuen Wellen —
Wie leicht kann sie der Sturm zerschellen —
Schwimmt deiner Flotte zweifelnd Glück.“
6. Und eh' er noch das Wort gesprochen,
Hat ihn der Jubel unterbrochen,
Der von der Reede jauchzend schallt.
Mit fremden Schätzen reich beladen,
Kehrt zu den heimischen Gestaden
Der Schiffe mastenreicher Wald.
7. Der königliche Gast erstaunet:
„Dein Glück ist heute gut gelaunet,
Doch fürchte seinen Unbestand!
Der Kreter waffenkund'ge Scharen
Bedräuen dich mit Kriegsgefahren;
Schon nahe sind sie diesem Strand.“
8. Und eh' ihm noch das Wort entfallen,
Da sieht man's von den Schiffen wallen,
Und tausend Stimmen rufen: „Sieg!
Von Feindesnot sind wir befreiet,
Die Kreter hat der Sturm zerstreuet,
Vorbei, geendet ist der Krieg!“
9. Das hört der Gastfreund mit Entsetzen.
„Führwahr, ich muß dich glücklich schätzen!
Doch,“ spricht er, „zittr' ich für dein Heil.
Mir grauet vor der Götter Neide;
Des Lebens ungemischte Freude
Ward keinem Irdischen zuteil.
10. „Auch mir ist alles wohl geraten,
Bei allen meinen Herrscherthaten
Begleitet' mich des Himmels Huld;
Doch hatt' ich einen teuren Erben,
Den nahm mir Gott, ich sah ihn sterben!
Dem Glück bezahlt' ich meine Schuld.