verhältnissen) sind die Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte und das
Reichsgericht bestellt.
a) Das Amtsgericht. Amisgerichte haben ihren Sitz in den
meisten Städten der deutschen Bundesstaaten. Sie sind zuständig für Streitig⸗
keiten über vermögensrechtliche Ansprüche bis zu 600 Mark und ohne Rücksicht
auf den Wert des Gegenstandes zwischen Vermieter und Mieter, Dienstherr—
schaft und Gesinde, Arbeiter und Arbeitgeber, bei Viehmängeln, Wildschäden,
Mahn-, Entmündigungs- und Aufgebotsverfahren, bei Sühneversuchen in
Ehesachen und beim Konkursverfahren.
Saben die Amtsgerichte Strafsachen zu verhandeln, so bilden sie das
Schöffengericht. Das Gericht setzt sich in diesem Falle aus einem Amts⸗
richter und zwei Laienrichtern (Schöffen) aus dem Amtsgerichtsbezirk zu⸗
sammen. Diese drei Richter haben bei der Abstimmung gleiches Stimmrecht.
Das Schöffengericht ist zuständig zu Aburteilungen von Uebertretungen, die
mit Höchststrafen bis zu 150 Mark, bedroht sind, bei Vergehen bis zu Höchst—
strafen von 600 Mark bzw. 3 Monaten Gefängnis, für Beleidigungen, Körper—
verletzungen, Diebstahl, Unterschlagung, Hehlerei, Sachbeschädigung und Haus—
friedensbruch. Zu Schöffen kann jeder Bürger des Amtsgerichtsbezirks be—
rufen werden, der das 30. Lebensjahr vollendet hat und im Besitz der bürger—
lichen Ehrenrechte ist.
b) Das Landgericht. Das Landgericht ist Berufungs- und Be—
schwerdeinstanz für das Amtsgericht. Die Richter bestehen aus dem Präsi⸗
denten, den Direktoren und den Mitgliedern (Landrichtern). Wir unter—
scheiden am Landgericht Zipilkammern und Strafkammern, nach
Bedürfnis auch Kammern für Handelssachen. Die Zivilkammern sind
mit drei Richtern besetzt, von denen einer den Vorsitz führt. Die Straf—
kammern sind in den Hauptverhandlungen mit fünf, sonst mit drei Richtern
besetzt. Alle Vergehen und Verbrechen, die mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren
zu bestrafen sind, sind von ihnen abzuurteilen. Die Kammer für Handels—
sachen behandeln nur Angelegenheiten des Handels. Sie setzt sich zusammen
aus einem Richter und zwei Laienrichtern (Kaufleuten), die alle drei den
Titel Handelsrichter führen.
Die Strafkammer kann auch periodisch zusammentreten in Gemeinschaft
mit 12 Laien (Geschworenen),. In diesem Falle wird das Gericht Schwur-
gerischt genannt. Es besteht also aus drei Richtern und zwölf Geschworenen.
Zu jeder Schwurgerichtsperiode werden 83 Geschworene einberufen, von denen
bei jeder Tagessitzung zwölf Männer vom Vorsitzenden des Schwurgerichts
ausgelost werden. Die Verhandlung führt ein Landgerichtsdirektor. Ihm
zur Seite stehen zwei Richter. Die Geschworenen haben selbständig am
Schlusse der Verhandlung darüber zu urteilen, ob der Angeklagte schuldig
oder nicht schuldig ist. Das Strafmaß festzustellen, ist die Sache der Richter.
Das Schwurgericht hat alle schweren Verbrechen (Meineid, Notzucht, Mord,
Totschlag, Raub, Brandstiftung, Urkundenfälschung) abzuurteilen. Den Ge—
schworenen werden die Reisekosten und täglich fünf Mark Aufwandskosten
gewährt.
e) Das Oberlandesgericht. Die Oberlandesgerichte haben
in ihren mit fünf Mitgliedern besetzten Zivilsenaten über die Berufungen
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