Ueberschlag können wir machen, indem wir uns Ein- und Ausfuhr an
Nahrungsmitteln noch etwas genauer ansehen. Wir haben im Jahre
1913 etwa 80 Millionen Doppelzentner an Futtermitteln für das
Vieh aus dem Auslande eingeführt. Wieviel wir in den kommenden
Kriegszeiten noch hereinbringen können, wissen wir nicht. Ueber die
Nordsee werden die Engländer und Franzosen nicht allzu viel zu uns
kommen lassen, und im Osten ist uns die russische Grenze durchaus ver—
sperrt. Aber der Zugang über die skandinavischen Reiche, über die
Niederlande, über Italien, die Schweiz, über Rumänien usw. bleibt
uns doch vorläufig noch offen. Es ist also immerhin noch möglich, daß
wir ein gut Teil der 80 Millionen Doppelzentner des Vorjahres
wieder hereinbringen. Wenn nicht, so sagt das aber auch noch nicht
übermäßig viel, stehen uns doch durch die Ernte an Sommergerste und
Hafer und durch den oben genannten Ueberschuß an Weizen und Roggen
allein schon etwa 190 Mill. Doppelzentner für Futterzwece zur Ver—
fügung. Aber ohne Zufuhr vom Auslande können wir trotzdem nicht
mit Sicherheit erwarten, daß wir im kommenden Winter reichlich
Viehfutter haben, und deswegen müssen wir sparen und uns so ein—
richten, daß wir mit den Vorräten auf jeden Fall reichen. Von der
guten Ernährung des Viehes hängt es ab, daß wir die Saat rechtzeitig
und gut in die Erde bringen, — daß wir genügend Milch und Fleisch
haben, — daß die Menschen nicht Sunger leiden.
Also hier heißt es für uns einfach: Wirtschafte so, daß wir mit
unsern Vorräten unter allen Umständen reichen. Wenn du früher ver—
schwendest hast, so tatst du es auf deine Kosten, jetzt geht es auf Kosten
des Vaterlades, und ebenso kommt alles, was du ersparst, dem Vater—
lande zugute.
Und nun überlegt euch einmal, ob nicht doch durch eure Unachtsam—
keit und durch eure Leichtfertigkeit mancher Halm Heu und Stroh
minderwertig geworden oder ganz verdorben ist, ob nicht manches Korn
Getreide überhaupt nicht erst in die Scheune gekommen, manches unnütz,
gar gegen den Willen der Herrschaft verfüttert und manches ungenützt
auf den Düngerhaufen gekommen ist? Solche Lodderwirtschaft ist
schon im Frieden zu verurteilen, aber da geht's doch schließlich den
Bauern zunächst an; — im Kriege gehört das alles, was ihr besitzt,
oder was ihr für eure Eltern und Herren verwaltet, dem Vaterlande.
An diesem versündigt ihr euch mit jedem Korn und mit jedem Halm,
den ihr umkommen laßt. Ihr seid im Kriege und habt mit der Ge—
wissenhaftigkeit eines Soldaten auch an eurem Platze dem Vaterlande
zu dienen. Fr. Lembke.
99. Bauernspruch.
Bauernfaust und Bauerngeist,
Ob auch selten man sie preist,
Sind des Staates Quell und Macht,
Sind die Sieger in der Schlacht.
Wohl dem Staat, der das bedacht. Heinrich Sohnreh