Full text: Deutsche mundartliche Dichtungen

an „Volksreime und Volkslieder anknüpften“, besprochen: in der 
Allgemeinen Zeitung 1798 und in der Jenaischen Allgemeinen 
Litleraturzeitung 1805. Mit Recht sagt er dort: „Wenn der Dichter 
überhaupt vor vielen Anderen darin einen Vorzug hat, daß er mit 
Bewußtsein ein Mensch ist, so kann man von Grübeln sagen, er 
habe einen außerordentlichen Vorzug vor andern seinesgleichen, 
daß er mit Bewußtsein ein Nürnberger Philister ist. Er steht 
wirklich in allen seinen Darstellungen und Außerungen als ein un— 
erreichbares Beispiel von Geradsinn, Menschenverstand, Scharfblick, 
Durchblick in seinem Kreise da, daß er demjenigen, der diese Eigen— 
schaften zu schätzen weiß, Bewunderung ablockt. Keine Spur von 
Schiefheit, falscher Anforderung, dunkler Selbstgenügsamkeit, sondern 
ÄAlles klar, heiter und rein wie ein Glas Wasser. Die Stoffe, die 
er bearbeitet, sind meist bürgerlich oder bäuerisch, bald die reinen 
Zustände als Zustände, da er deun durch Darstellung das Gedicht 
In die Stelle des Wirklichen zu setzen und uns ohne Reflexion die 
Sache selbst zu geben weiß . . Andere Gedichte, wo er sein per— 
sönliches Behagen bei diesem oder jenem Genuß ausdrückt, sind 
höchst angenehm, und sehr gefällg ist es, daß der Dichter mit dem 
besien Humor sowohl in eigener als dritter Person sich öfters zum 
besten giebt.“ Die Proben aus Grübels Gedichten, die in unsere 
Sammlung aufgenommen sind, werden beweisen, daß Goethe Grübels 
dichterische Cigenart durchaus richtig erfaßt hat. 
Als Dichter steht Usteri weit höher. Er erinnert sowohl in 
den Stoffen als in der Art, wie er sie behandelt, sehr an Hebel. 
Treffend nennt ihn Scherer Geschichte der deutschen Litteratur 1889 
S. 646) „einen bescheidenen Romantiker, der besser zu rühren und 
erheitern verstand, als mancher prätensiöse Poet von gefeiertem 
RNamen.“ Scherer scheint mir aber zu irren, wenn er einen Einfluß 
Hebels auf Usteri annimmt. Denn wenn auch über die Abfassungs— 
zeit der Gedichte Usteris nichts Sicheres feststeht, so deuten doch ver— 
schiedene Anzeichen darauf hin, daß seine dichterische Thätigkeit 
haͤuptsächlich in die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts, also vor 
das Erscheinen der „Alemannischen Gedichte“ fällt. 
„Die ganze folgende Dialektsdichtung in Süd und Nord hat 
ihr Vestes von Hebel gelernt“ Koch). In der That steht Hebel im 
ilelpunkte der deutschen Dialektdichtung; nach allen Seiten hin 
uen von ihm vie fruchtbarsten Anregungen aus; ohne ihn 
dalen Weitzmann, Castelli, Kobell, Klaus Groth und alle die 
INdenn Dialektdichter des 19. Jahrhunderts nicht denkbar.
	        
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