wSJ
Düster wie von Blutschnee glimmt die lange Straße,
wie von Blutfrost perlt es in den Birken,
wie von Blut umtropft sitzt Der im Schlitten.
„Mensch, was sagt man von dem großen Kaiser!“
Düster schrillt das Geläute.
Die Glocken rasseln, es klingt, es klagt,
der Bauer horcht, hohl rauscht's im Schnee,
und schwer nun, feiervoll und sacht,
wie uralt Lied so dumpf und weh
tönt sein Wort ins Ode:
„Groß am Himmel stand die schwarze Wolke,
fressen wollte sie den heiligen Mond;
doch der heilige Mond steht noch am Himmel,
und zerstoben ist die schwarze Wolke.
Volk, was weinst du ?
Trieb ein stolzer, kalter Sturm die Wolke,
fressen sollte sie die stillen Sterne,
aber ewig blühn die stillen Sterne,
nur die Wolke hat der Sturm zerrissen,
und den Sturm verschlingt die Ferne.
Und es war ein großes schwarzes Heer,
und es war ein stolzer, kalter Kaiser;
aber unser Mütterchen, das heilige Rußland,
hat viel tausend tausend stille warme Herzen,
ewig, ewig blüht das Volk!“
Hohl verschluckt der Mund der Nacht die Caute,
dumpfhin rauschen die Hufe, die Glocken wimmern;
auf den kahlen Birken flimmert
rot der Reif, der mondbetaute.
Den Kaiser schauert.
Durch die leere Ebne irrt sein Blick:
über Rußlands Leichenwüstenei
Richard Dehmel.
259