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Lehrhafte Gedichte.
Geschäftig sein ist gut, viel besser aber beten,
Noch besser stumm und still vor Gott den Herren treten.
Schleuß mich, so streng du willst, in tausend Eisen ein,
Ich werde doch ganz frei und ungefesselt sein.
Die Liebe, wenn sie neu, braust wie ein junger Wein;
Je mehr sie alt und klar, je stiller wird sie sein.
405. Distichen und Sprüche von Herder.
Drücke den Pfeil zu schnelle nicht ab, der nimmer zurückkehrt!
Glück zu rauben ist leicht, wiederzugeben so schwer.
Wer sich um Weisheit müht und nicht anwendet die Weisheit,
Gleicht dem Mann, der pflügt, aber zu säen vergißt.
Will du wissen, o Mann, wem deine süßeste Traube
Wohl am süßesten schmeckt? Sende dem Lechzenden sie.
Schau die hohe Zypresse; sie trägt nicht goldene Früchte,
Aber sie stehet dafür immer in fröhlichem Grün.
Kannst du, so sei ein nährender Palmbaum; kannst du es nicht sein,
Sei ein Zypressenbaum, ruhig, erhaben und frei.
1. Sohn, die Freundschaft mit den Bösen,
Mit Gleichgültigen und Guten
Sei dir ja nicht einerlei!
2. Ein Tropfen Regenwasser
Fiel auf ein glühend Eisen —
Und war nicht mehr.
3. Er fiel auf eine Blume
Und glänzt' als eine Perle —
Und blieb ein Tröpfchen Tau.
4. Er sank in eine Muschel
Zur segensreichen Stunde —
Und ward zur Perle selbst.
Wie der Schatten früh am Morgen
Ist die Freundschaft mit den Bösen;
Stund' auf Stunde nimmt sie ab.
Aber Freundschaft mit den Guten
Wächset wie der Abendschatte,
Bis des Lebens Sonne sinkt.