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An Ungarus Grenze reitet den Helden Dietrich von Bern ent—
gegen. Als er Hagen erblickt, warnt er diesen vor der Rache Kriem⸗
hildens, die noch immer weine um den Helden aus der Nibelungen
nden Im grunmen, übermüthigen Trotz erwidert Hagen Sie
mag noch lange weinen, Siegfried kommt nicht wieder, der ist lange
begraben.“
Jetzt wird auch an das Hoflager des Hunnenkönigs die Nach⸗
richt von der Ankunft des Burgundenheeres gebracht; Etzel und
Kriemhild treten an das Fenster, und als die Letztere die wohlbe⸗
kannten Wappenschilde und Adlerhelme erblickt, da spricht sie: „Wer
Mir nun wil hold sein, der denke meines Leides“ Die Heunen
draͤngen sich in Haufen herbei, den Einen zu sehen, der Siegfried
erschlug, den grimmen Hagen von Tronei der auf hohem Rosse
einherreitet, lang gewachsen, mit seinem dunkeln Zornesauge die
Anbern weit uͤberschauend, wie Eisen fest an Brust und Schultern,
grau gemischten Haares und entsetzlicher Gesichtszüge.
Das Heer des niedern Adels mit den Knechten wird in einer
Herberge untergebracht und Dankwarts Hut und Befehlen anvertraut;
ber uͤbrige hohe Adel geht mit den Königen zu Hofe nach dem
Palast des Hunnenbeherrschers. Hagen und Volker setzen sich vor
einem der Hoͤfgebäude auf eine Steinbank, und umher stehen die
Hunnenmanner, die Gewaltigen in ehrerbietigem Schweigen staunens—
voll betrachtend. Auch Kriemhild sieht aus dem Fenster ihren Tod—
feind und bricht in zornige Thränen aus. Sechszig Mannen waff⸗
nen sich, um Hagen und Volker zu erschlagen, und an der Spitze
dieser Schaar seigt Kriemhild selbst, die Königskrone auf ihrem
Haupte, in den Hof hinab. Volker macht Hagen auf die von der
Treppe herabkommende Schaar aufmerksam und verspricht jenem,
in dem heißen Streite bei ihm zu stehen in treuer Liebe In dem
Augenblicke schon tritt Kriemhild an das furchtbare Heldenpaar.
Voller erinnert daran, vor der Königin aufzustehen; aber Hagen
bleibt in ruhigem Trotze sitzen damit man nicht glaube, er fürchte
fich ja er legt, als Kriemhild an ihn herautritt in übermüthigem
in Siegfrieds Schwert, den sagenberühmten Balmung, an dessen
nopfe ein Jaspis glänzte, über seine Kniee. Schmerzlicher war
ihr Leid in sechsundzwanzig Jahren nicht erwacht, als jetzt „Ihr
wißt doch“, sagt sie zu dem Furchtbaren, „warum ich Euch hasse?
Ihr habt Siegfried erschlagen, und darum habe ich zu weinen bis
an mein Ende „Wozu noch länger das Gerede?“ fährt Hagen
auf; a, ich Hagen, ich erschlug Siegfried den Helden, darum daß
Frau Kriemhild die schöne Brunhild schalt. Räche es nun, wer da
will, ich stehe des Rede, daß ich Euch viel Leides gethan · — Die
große Zahl der Hunnen wagt es aber dennoch nicht, die beiden deut⸗
schen Helden, die vor ihnen da sitzen anzugreifen. Ruhig erheben
sich beide und gehen festen Schrittes nach dem Königssaale, wo ihre