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3. Hellauf rief da Dankwart einem Degen zu:
„Ihr sitzt, Bruder Hagen, allzulang in Ruh.
Euch und Gott vom Himmel klag ich unsre Noth;
Ritter und Knechte sind in der Herberge todt.“
4. Der rief ihm hin entgegen: „Wer hat das gethan?“
„Das that der Degen Blödel und Die ihm unterthan
Auch hat ers schwer entgolten, das will ich euch sagen;
Mit diesen Händen hab ich ihm sein Haupt abgeschlagen.“
5. „Klein ist der Schade“, sprach Hagen unverzagt,
„Wenn man solche Märe von einem Degen sagt,
Daß er von Reckenhänden zu Tode sei geschlagen;
Den sollen desto minder die schönen Frauen beklagen.
6. „Nun sagt mir, lieber Bruder, wie seid ihr so roth?
Ich glaube gar, ihr leidet von Wunden große Noth.
Ist der wo hier im Lande, von dem das sst geschehn?
Der üble Teufel helf ihm denn, sonst muß es ihm ans Leben gehn.“
7. „Ihr seht mich unverwundet; mein Kleid ist naß von Blut.
Das floß nur aus Wunden andrer Degen gut,
Deren ich so Manchen heute hab erschlagen,
Wenn ichs beschwören sollte, ich wüßte nicht die Zahl zu sagen.“
8. Da sprach er: „Bruder Dankwart, so hütet uns die Thür
Und laßt von den Heunen nicht einen Mann herfür.
So red' ich mit den Recken, wie uns zwingt die Noth;
Unser Ingesinde liegt ohne Schuld von ihnen todt.“
9. „Soll ich Kämmrer werden?“ sprach der kühne Mann,
„Bei so reichen Königen steht mir das Amt wohl an;
Die Stiege will ich hüten nach allen Chren mein.“
Kriemhildens Recken konnte das nicht leider sein.
10. „Nun nimmt mich doch Wunder“, sprach wieder Hagen,
„Was sich die Heunen hier in die Ohren sagen;
Sie möchten sein entbehren, der dort die Thuͤr bewacht,
Und der die Hofmären den Burgunden hat gebracht.
11. „Ich hörte nun schon lange von Kriemhilden sagen,
Daß sie nicht ungerochen ihr Herzleid wolle tragen.
Nun trinken wir die Minne und zahlen Etzels Wein;
Der junge Vogt der Heunen der muß der allererste sein.“
12. Ortlieb das Kind erschlug da Hagen der Degen gut,
Daß vom Schwerte nieder zur Hand ihm floß das Blut,
Und das Haupt herabsprang der Köngin in den Schooß.
Da hob sich unter Degen ein Morden grimmig und groß.
13. Auch dem Hofmeister, der des Kindes pflag,
Mit beiden Händen schlug er ihm einen schnellen Schlag,
Daß vor des Tisches Füße das Haupt ihm niederflog;
Es war ein jämmerlicher Lohn, den er dem Hofmeister wog.