45
5 Als ihn erblickte der Greis, da sprang er vom schimmernden Sessel,
Führt' ihn n an der Hand und nötigte freundlich zum Sitze.
Doch Patroklos versagt' es dem Greis' und erwiderte
„Nötige nicht zum Sitze, du göttlicher Greis; denn ich darf nicht.
Scheuen muß ich den Herrn, der mich gesendet, zu forschen,
z0 Welchen Verwundeten dort du herführst. Aber selber
Kenn' ihn schon; denn ich sehe den Völkerhirten Machaon.
Jetzo, Bericht zu erstatten, enteil ich zurück zum Achilleus;
Woͤhl ja kennest auch du, ehrwürdiger Alter, des Mannes
Heftigen Sinn, der leicht Unschuldige selber beschuldigt.“ —
Nachdem Nestor mit vielen Worten die bittersten Vorwürfe über den grollenden
Achilleus ausgesprochen und zuletzt die Bitte daran geknüpft hat, er solle doch
wenigstens den Patroklos in seiner Rüstung mit den Myrmidonen am Kampfe
teilnehmen lassen: eilt Patroklos schnell hinweg. — Unterwegs trifft er mit dem
verwundeten Eurypylos zusammen, bringt ihn in sein Zelt und heilt die Wunde. —
Die Achäer geraten in die äußerste Bedrüngnis.
In vier langen Gesängen (XII - XV) erzählt uns der Dichter den weiteren
Verlauf des Kampfes bis zum Eingreifen des Achilleus.
Als die Troẽr am Graben stehen, warnt Pulydamas, durch ein böses Vogel—
zeichen erschreckt, seinen Bruder Hektor, in das feindliche Lager vorzudringen. Aber
Hektor erwidert die kraftvollen Worte:
XII. „Nein, deiner Vögel achte ich nicht, noch kümmert mich dieses,
W sie rechts ae zum Tagesglanz und zur Sonne,
0 Oder auch links dorthin, zum naächtlichen Dunkel gewendet.
VNein, des erhabenen Zeus' Ratschluß vertrauen wir lieber,
Der die Sterblichen all' und unsterbliche Götter beherrschet!
Ein Wahrzeichen nur gilt: das Vaterland zu erretten!“
Mit einem gewaltigen Stein sprengt Hektor das Tor und dringt mit den Troern
ein; die Achäer fliehen zu den Schiffen.
Durch das Eingreifen des Poseidon und die Ueberlistung des Zeus, den Here
in tiefen Schlaf versenkt, tritt ein Umschwung des Kampfes ein; die Troer müssen
weichen.
Aber, als Zeus erwacht, muß Poseidon den Kampfplatz verlassen; die Troer
siegen und dringen zu den Schiffen vor, welche sie zu verbrennen suchen.
Patroklos' Kampf und Tod. (16. Gesang.)
XVAI. Also kämpften sie dort um das hlborbere Meerschiff.
Aber Patroklos trat zum Völkerhirten Achilleus,
Heiße Tränen vergießend, der finsteren Quelle vergleichbar,
Die aus sien Geklipp' hergießt ihr dunkles Gewässer.
Mitleidsvoll erblickt ihn der Held, der schnelle Achilleus,
Und er ann zu jenem und sprach die, geflügelten Worte
„Weshalb weinst du, lieber Patroklos? gleich wie ein Mägdlein,
Klein und zart, das die Mutter verfolgt und nimm mich! sie anfleht,
An ihr Gewand sich schmiegend, den Qauf der Eilenden hemmend,
Und mit tränenden Augen emporblickt, bis sie es aufhebt:
So auch dir, Patroklos, entrinnt das tröpfelnde Tränchen.
Bringst du den Myrmidonen Nachricht oder mir selber?
Hast du etwa allein Botschaft aus Phthia erhalten?
Lebt doch noch, wie sie sagen, Menötios, Aktors Erzeugter;