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von des christlichen Standes Besserung“, in welchem er vol
allem eine Reform der Universitäten verlangt.
Im Jahre 15621, den 18. April, finden wir Luther vor Kaise
und Reich, auf dem Reichstage zu Worms. Hier war es, wo er au
Schluß seiner gewaltigen Rede die wohlbekannten Worte sprach: „G
sei denn, daß ich durch Zeugnis der Schrift überwunden werd' odel
aber durch offenbare Gründe (denn ich glaub' weder dem Papst noch
den Konzilien allein, weil es am Tage ist, daß dieselben zu mehrmale
geirrt und wider sich selbst geredet haben): ich bin überwunden durch
die Schriftstellen, welche ich angeführt habe, und gefangen im Gewissel
an dem Wort Gottes: derhalben ich nichts mag noch will widerrufen
weil wider das Gewissen zu handeln beschwerlich, unheilsam und ge
fährlich ist. Gott helf mir, Amen!“ (Nach seinem eigenen Bericht)
Auf die stürmischen Tage in Worms folgten Monate der Stilll
auf der Wartburg, eine Zeit der Klärung und Selbstbesinnung, de⸗
Ringens und der Arbeit. In der Stille der Advents⸗ und Weihnachts
wochen ging er dort an das Werk, welches das Jahr seiner Verbannun
dem evangelischen Deutschland besonders teuer gemacht hat, an die
Übersetzung der Heiligen Schrift, zunächst des Neuen Testa—
ments. Sonst, in Briefen, Zeit- und Lehrschriften, selbst in del
Predigten, kämpfte er mit dem ganzen Rüstzeug seiner leidenschaftlichel
Natur, loderndem Zorn, vernichtendem Spott, oft genug auch urwüch⸗
siger Grobheit. Das alles blieb hier weit unter ihm. Er wandeltl
auf geweihtem Boden, in Demut und Andacht, in geheiligter Still
als spräche er sein Gebet — denn „zu solchem Dolmetscher“, sagt el
„gehört ein recht fromm, treu, fleißig, furchtsam, christlich, gelehret
erfahren, geübet Herz.“ So ging unter seinen Händen ein Buch, al
dem Jahrhunderte gearbeitet haben, wie aus einem Guß, aus einen
Geiste neu geschaffen hervor. Nicht wegen seiner Bibelübersetzung alleil
dürfen wir Luther den Neuschöpfer unserer Sprache nennen; die ganz
Fülle seiner Schriften offenbart „die rechte Art deutscher Sprache“, di
er fand: aber die geistige Einigung unserer Nation ist doch durch keine
seiner Bücher mehr gefördert worden, als durch sein „Evangelium
deutsch“. Luther bedient sich bei seiner Übersetzung der Kanzleifprach
der Höfe, damit sowohl Hochdeutsche, wie Niederdeutsche sie verstehen
möchten. Aber im Feuer einer solchen Zeit und im Feuer eines solchen
begeisterten Gemütes wurde das sprachliche Metall gleichsam geläuter
und in Fluß gebracht. Selbst seine erbittertsten Feinde, die Jesuiten
sind nicht imstande, sich der Bedeutung dieser Übersetzung zu entziehen
Aber Luthers Bibelübersetzung ist nicht nur eine religiöse That, sie ist
auch eine pädagogische That ersten Ranges. Luther bricht damit die
Macht des Lateinischen; er giebt dem deutschen Volke eine Sprachform, die
Allgemeingut für ganz Deutschland geworden ist. Sein Verdienst ist