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sondern griff jeden einzeln an. Zuerst rückte er nach Böhmen vor und besiegte
hier die Österreicher bei Prag. Als während des Kampfes die Reihen ins
Wanken gerieten, sprengte der greise Fel dm arschall Schwerin selbst heran,
riß einem Fähnrich die Fahne aus der Hand und stürmte seinen Kriegern vorauf
mit dem Rufe: „Mir nach, wer kein Feiger ist!" Bald aber sank er, von fünf
Kartätscheukugeln durchbohrt, zur Erde. Der Verlust dieses tapfern Generals
schmerzte den König sehr. „Er ist mehr wert als 10000 Mann," sagte er.
3. Kollin. 1757. Nicht so glücklich war Friedrich einige Wochen später
bei Kollin. Er wurde hier vollständig geschlagen. Sein Mut in der Schlacht
war groß. Mit einer Abteilung Infanterie griff er eine österreichische Batterie
an. Als die Kugeln immer dichter fielen, liefen die meisten feiner Truppen davon.
Friedrich aber merkte das nicht nnd ritt immer weiter. Da fragte ihn ein Be¬
gleiter : „Majestät, wollen Sie denn die Batterie allein erobern?" Er zog fein
Fernglas hervor und betrachtete die Stellung des Feindes. Dann ritt er langsam
zurück und gab Befehl zum Rückzüge.
Friedrich der Große nach der Schlacht bei Kollin.
Die Niederlage machte auf den König einen tiefen Eindruck. Als sich am
Abend feine Truppen in einer kleinen Stadt sammelten, faß er kummervoll auf
einer Brunnenröhre und zeichnete mit feinem Krückstöcke Figuren in den Sand,
und Thränen rollten ihm über die Wangen. Da trat ein alter Kriegsmann an
ihn heran, reichte ihm in feinem Hute einen kühlen Trunk und sprach: „Trinken
Ew. Majestät, und lassen Sie Bataille Bataille fein! Es ist nur gut, daß Sie
noch leben; unser Herrgott giebt uns schon einen Sieg wieder."
4. Roßbach. 1757. Aber auf Leid folgte auch wieder Freud. Von Westen
zogen die Franzosen im Verein mit den deutschen Reichstruppen heran. Am