240 —
38. Kana.
In Kana bei dem frohen Hochzeitsfeste
bist du, mein Heiland, freundlich eingekehrt
und hast dem Strom der Freude nicht gewehrt
und wärest fröhlich mit der Schar der Gäste.
5 Und als verschenkt des Weines letzte Reste
und alle Krüge bis zum Grund geleert,
hast du, mitfreudig, neuen Wein beschert,
von dem der Ordner sprach, das sei der beste.
10 Drum laß ich mir das Leben nicht verbittern
durch jene Thoren, die nur Sünde wittern
in allem, was erhellt der Freude Schein.
Wie ich mit dir, mein Meister im Vereine,
mit denen, die da traurig sind, still weine,
15 will ich mit dir mit Frohen fröhlich sein.
Julius Sturm.
39. Hoffe du nur!
Uie Nachtigall auf meiner Flur
singt: »Hoffe du nur! Hoffe du nur!«
Die Frühlingslüfte wehen.
Ein Dornenstrauch schlief ein zur Nacht,
ein Rosenbusch ist aufgewacht.
So mag’s auch dir geschehen!
Hoffe du nur!
40. Wenn eine Mutter betet
für ihr Kind.
1. Der reinste Ton, der durch das Weltall klingt,
der reinste Strahl, der durch den Himmel dringt,
die heiligste der Blumen, die da blüht,
die heiligste der Flammen, die da glüht,
ihr findet sie allein, wo fromm gesinnt,
still eine Mutter betet für ihr Kind.
2. Der Thränen werden viele hier geweint,
solange uns des Lebens Sonne scheint,
und mancher Engel, er ist auserwählt,
auf dass er unsre stillen Thränen zählt; —
doch aller Thränen heiligste, sie rinnt,
wenn eine Mutter betet für ihr Kind.