Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

Anton Graf von Auersperg (Anastasius Grün). 35 
6. Zeit ist eine stumme Harfe; — prüft ein Stümper ihre Kraft, 
Heulen jammernd Hund und Kater in der ganzen Nachbarschaft. 
Nun wohlan, so greift begeistert wie Amphion fest darein, 
Daß auch Strom und Wald euch lausche, Leben fahre in den Stein!“ 
395. Begrüßung der Adria. 
1. Unermeßlich und unendlich, 7. Wie des Gartens üpp'ge Wiesen 
Glänzend, ruhig, ahnungsschwer Ist dein Plan auch glatt und grün; 
Liegst du vor mir ausgebreitet, Perlen und Korallenhaine 
Altes, heil'ges, ew'ges Meer! Sind die Blumen, die dir blühn. 
2. Soll ich dich mit Tränen grüßen, 8. Wie im Garten stille Wandler, 
Wie die Wehmut sie vergießt, Ziehn die Schiffe durch das Meer, 
Wenn sie trauernd auf dem Friedhof Schätze fordernd, Schätze bringend, 
Manch ein teures Grab begrüßt? Grüßend, hoffend hin und her. 
3. Denn ein großer, stiller Friedhof, 9. Sollen Tränen, soll mein Jubel 
Eine weite Gruft bist du; Dich begrüßen, Ozean? 
Manches Leben, manche Hoffnung Nicht'ger Zweifel, eitle Frage, 
Deckst du kalt und fühllos zu. Da ich doch nicht wählen kann! 
4. Keinen Grabstein wahrst du 10. Da doch auch der höchste Jubel 
ihnen, Mir vom Aug' als Träne rollt, 
Nicht ein Kreuzlein, schlicht und schmal; Sowie Abendschein und Frührot 
Nur am Strande wandelt weinend Stets nur Tau den Bäumen zollt. 
Manch ein lebend Trauermal. 
11. Zu dem Herrn empor mit 
5. Soll ich dich mit Jubel grüßen, Trnen 
Jubel, wie ihn Freude zollt, War mein Aug' im Dom gewandt, 
Wenn ein weiter, reicher Garten Und mit Tränen grüßt' ich wieder 
Ihrem Blick sich aufgerollt? Jüngst mein schönes Vaterland; 
6. Denn ein unermess'ner Garten, 12. Weinend öffnet' ich die Arme, 
Eine reiche Flur bist du; Als ich der Geliebten nah: 
Edle Keime deckt und Schätze Weinend kniet' ich auf den Höhen, 
Dein kristallner Busen zu. Wo ich dich zuerst ersah. 
396. Der letzte Dichter. 
1. „Wann werdet ihr Poeten 8. Solang der Sonnenwagen 
Des Dichtens einmal müd'? Im Azurgleis noch zieht 
Wann wird einst ausgesungen Und nur ein Menschenantlitz 
Das alte, ew'ge Lied? Zu ihm emvpor noch sieht; 
2. Ist nicht schon längst geleeret 4. Solang der Himmel Stürme 
Des Überflusses Horn? Und Donnerkeile hegt 
Gepflückt nicht alle Blumen, Und bang vor ihrem Grimme 
Erschöpft nicht jeder Born?“ — Ein Herz noch zitternd schlägt; 
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