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seit Jahrhunderten schon die Karthager festen Fuß gefaßt. Seit¬
dem 888 vor Chr. Dido die ,,neue Stadl" gegründet, war dieselbe
durch den Handel ihrer Bewohner zu hohem Reichtum gelangt; durch
glückliche Kriege hatten die letzteren das ursprüngliche Gebiet
erweitert: Nordafrika, die Südküste Spaniens und die
Inseln des Mittel in eeres (— Malta, Corsika, Sardinien)
waren in ihren Händen, und durch ihre Flotten be¬
herrschten sie die damals bekannten Meere. Jetzt st reck¬
ten sie ihre Hand nach Sicilien aus- Dadurch wurden
sie die Feinde der Römer, die gleiche Pläne verfolgten, und ein
Kampf zwischen beiden Nationen war unvermeidlich.
DieKarthager stammten von den Phöniziern, darum
hießen sie auch Puuier, und deshalb nennt man die drei
Kriege, die Rom mit ihnen führte, die punischen Kriege;
von 264 — 241 vor Ehr. dauerte der erste.
2. Von einer der auf Sicilien sich streitenden Parteien gegen die
Karthager zu Hilfe gerufen, säumten die Römer nicht, mit einem
Heere auf dem Kampfplatz zu erscheinen. Rasch errangen sie zu
Lande bedeutende Vorteile, aber um so größer waren
ihre Verluste zur See. Ohne Zaudern thaten sie, was not
war. Nach dem Muster eines an ihrer Küste gestrandeten karthagischen
Kriegsschiffes bauten sie innerhalb weniger Wochen eine Flotte,
und unter dem Befehle des Duilius steuerte dieselbe gegen den Feind.
Unbehilflich und ungelenk waren die römischen Schiffe freilich noch
gar sehr, und des Kampfes zur See waren die römischen Soldaten
gleichfalls nicht gewohnt. Erfinderisch aber half Duilius diesem Übel¬
stande ab. Er versah seine Fahrzeuge mit beweglichen Brücken
(— En terbrü cken nannte man dieselben —); leicht konnten sie aus
das in die Nähe kommende feindliche Schiff herabgelassen werden; mit
ihren eisernen Haken hielten sie es unbeweglich fest; über die Brücke
hinweg aber erstürmten die römischen Krieger das feindliche Fahrzeug
und kämpften auf ihm mit ihrer gewohnten Tapferkeit wie auf dem
festen Lande.
Des Duilius Einrichtung bewährte sich vortrefflich: als die beiden
Flotten auf einander stießen, erfocht er einen glänzenden Sieg — den
ersten Seesieg der Römer. Die dankbare Vaterstadt errichtete ihm
auf dem Forum eine Ehrensäule aus weißem Marmor und verzierte die¬
selbe mit den Scknäbeln (— die spitzen Vorderteile) der erbeuteten Schiffe.
Auch gab man ihm als Auszeichnung die Erlaubnis, sich, fo oft er des
Nachts von einem Gastmahlenach Hause zurückkehrte, von einem Fackel¬
träger und einem Flötenspieler begleiten zu lassen.
3. Der errungene Sieg ermutigte die Römer zu kühnem Unter¬
nehmen. Um dem Kriege schnell ein Ende zu machen, schickten sieden
Co ns ul Regulus mit einem starken Heere nach Afrika,
damit er die Karthager im eigenen Lande angreife. Das
Glück begünstigte den tapfern Mann: siegreich drang er bis vor die
Mauern Karthagos; demütig bat dieses um Frieden; allein Regulus