Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

Emanuel Geibel. 
Weiß besegelt unter ihm 
Kommt ein Orlogschiff gezogen. 
3. Deutsche Flagge, sei gegrüßt! 
Steure kühn durch Wind und Welle, 
Nacht und Wolken hinter dir, 
Vor dir Sonnenaufgangshelle! 
586. An die Gewalksamen. 
1. Der heil'ge Geist ist Gottes freie Gabe, 
Das Wort ein Fels, ein ew'ger. Meint ihr gar 
Daß ihr ihn stützen mögt mit eurem Stabe? 
2. Und dessen Hand ihn hielt zweitausend Jahr, 
Daß auch kein Körnchen durste davon splittern, 
Wähnt ihr, er schlafe, weil ihr träumt Gefahr? 
3. Kleingläubige, wie mögt ihr also zittern! 
Nein! Laßt die Geister wandeln ihre Bahn! 
Klar wird die Luft in Sturm und Ungewittern. 
4. Und schwölle berghoch die Verneinung an 
Wie eine neue Sündflut — mag sie schwellen! 
Nicht eurem Machtspruch ist sie untertan. 
5. Doch glaubt, ob Menschensatzung mag zerschellen: 
Der wahren Kirche dreimal heilig Schiff 
Treibt gleich der Arche sicher auf den Wellen. 
6. Und wen die Sehnsucht nach dem Herrn ergriff — 
Wie immer auch geheißen sei sein Glaube, 
Er mag sich bergen drin vor Flut und Riff. 
7. Und kommen wird der Tag, da bringt die Taube 
Den Olzweig heim; es wurzelt im Gestein 
Des Schiffes Kiel, nicht mehr der Flut zum Raube. 
8. Dann wird ein Hirt und eine Herde sein; 
Verlaufen in der Tiefe sind die Wogen, 
Verweht vom Winde ist das letzte Nein, 
Und auf den Wolken steht der Friedensbogen. 
587. An den König von Breußen. 
¶s42) 
1. Ich habe nie nach Gunst gerungen, 
Ich sang allein, was ich gemußt; 
Wie Rosen, frisch dem Lenz entsprungen, 
So brach's hervor aus meiner Brust. 
*10
	        
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