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Antonie Jüngst.
2. Ist's drüben der leuchtende Lorbeerkranz?
Das Banner von Sammet und Seide?
Der Festgewänder goldschimmernder Glanz?
Das funkelnde Waffengeschmeide?
3. Ist's hüben das Volk, des jubelnder Mut
Geschlossenen Gliedes nur schreitet
Und um des friedlichen Herdes Glut
Die schützenden Arme schon breitet?
4. Ist's dort in der Ferne der Reiterzug,
Des eisengepanzerte Scharen
Sich sehnen, zu folgen des Adlers Flug
Durch Kampfes- und Todesgefahren?
5. Sind's hier, umwoben von Ruhmesschein,
Die Sprossen erhabener Ahnen?
Die Männer des Tages? — — O nein, o nein,
Es sind die verblichenen Fahnen.
6. Die Fahnen sind es, zerfetzt, zerkracht,
Die Fahnen, von Kugeln zerschossen,
Um deren Besitz in wogender Schlacht
Das Herzblut der Tapfern geflossen.
7. Die Häupter entblößt, die Stirne gesenkt,
Ihr Männer all in der Runde!
Der wackeren Krieger und Sieger gedenkt
In dieser gesegneten Stunde!
8. Daß frei auf freier Scholle wir stehn,
Zu friedlichem Fest entboten,
Wir danken's dem Herrn in Himmelshöh'n,
Wir danken's den großen Toten.
887. Der wackere Kapilän.
1. „Die Taue gelöst, die Segel gerefft
Und alle Hand an Deck,
Die rettenden Boote ins Meer hinab,
Ihr Männer, — das Schiff ist leck!“
2. So tönt durch den rastlos heulenden Sturm
Des Kapitänes Wort.
Mit blassen Wangen und schlotternden Knien
Vernehmen es all' an Bord.
3. Ein lautes Weinen und Jammern steigt
Aus hundert Kehlen empor
Und mischet dem Brüllen des Meeres sich
In schauerlich wildem Chor.