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überschickte, um dem dortigen Könige gegen seine Feinde beizustehen.
Dankbar für seine wackeren Leistungen überhäuften ihn die Lycier mit
Geschenken und mit der Königstochter erhielt er die Hälfte des Reichs.
Ich bin sein nicht unwürdiger Enkel Glaukus! Mein noch würdigerer
Vater hat mich hergesandt, dem Trojerkönig beizustehen und, traun
seinem Befehle und seiner Ermahnung, in den Reihen der Kämpfer
immer unter den Ersten zu seyn, Folge zu leisten, will ich nun mit
dir kämpfen!
Nein, rief Diomed freudig, das sey ferne, indem er seinen Speer
in den Sand stieß: du bist mein Gastfreund, und diese Verbindung
soll von mir heilig geehrt werden! Mein Großvater Qencus hat den
wackeren Bellerophon 20 Tage beherbergt, und als sie schieden, gaben
sie sich Geschenke zur Erinnerung, Oeneus einen purpurnen Leibgurt,
Bellerophon einen goldenen Becher, den ich noch verwahre und schon
oft sinnend betrachtet habe: laß uns zur Erneurung dieses Bandes
unsere Rüstungen tauschen! Sie sprangen vom Wagen, schüttelten sich
herzlich die Hände und thaten jenes. Glaukus verlor: seine Rüstung
war von Gold und hundert, die eherne des Griechen nur neun Ochsen
werth; allein der Lycier achtete das nicht. Sie gaben sich noch einmal
Versicherungen der innigsten Freundschaft und sprengten in entgegen¬
gesetzter Richtung davon.
An einem Tage, wo es sehr heiß hergieng, da der Kampf bereits
vor den Thoren lebhaft war, war Hektor zurückgeeilt, um etwas
Dringendes zu besorgen. Da kam ihm seine holde Gattin, Andromache,
entgegen; ihren Liebling Astyanar trug eine Sclavin nach. Mit thrä¬
nendem Auge und sanft seine Hand ergreifend, beschwur sie ihn, sich
doch nicht der Gefahr zu sehr auszusetzen, sondern auch- auf sie, die
sie ohne ihn ganz verlassen sey, .besonders aber auf ihren lieben Kleinen
billige Rücksicht zu nehmen. Bewegt erwiederte der Gatte, seine Pflicht
sey es, nun, da das Vaterland in Gefahr sey, thätig zu seyn, ob er
gleich im G'eiste voraussehe, daß der Tag nahe sey, wo Trojens
Mauern füllen und Priams Heldenstamm erlöschen werde. Das allein
bekümmere sein Herz, daß die unerbittlichen Feinde sie triumphirend
als Gefangene wegführen und niedrigem Dienste übergeben dürften,
während er, dessen Asche bis dahin der Todtenhügel decke, ihre Klage
nicht einmal vernehmen könne! Jetzt wandte er den Blick auf den
herrlichen Knaben im Arme der sorgsamen Wärterin. Doch als er die
Hände nach ihm ausstreckte, wandte er sich weinend ab, den Helmbusch
fürchtend. Diesen ablegend, nahm er ihn und wiegte ihn zärtlich auf
den Armen, und der Knabe blickte freundlich zu ihm hinauf. Lasset,