Lebensgenuß. (Bünger. Tiedge.) 5
So naht die Wendfeier
In frischem Kräuterduft,
Mit einem Wiegenschleier
Voll Nachtviolenduft,
Und deckt ihn auf die Tage
Voll Lebenssonnenlicht,
Und auf die finstre Klage,
Zu der kein Engel spricht.
Sie lispelt durch das Schweigen
Des Thales ihre Ruh',
Und spricht aus allen Zweigen
Den Menschen Frieden zu.
Der Friede, der die Stürme
Der Menschen nicht mehr hält,
Besucht nur noch im Schirme
Der stillern Nacht die Welt.
Es spiegelt sich im Thaue
Des Wiesenthals der Geist
Der reichen Sternenaue,
Die tröstend uns umkreist;
Daß selbst die Blumenfläche
Dem, den die Erde drückt,
Von einem Himmel spreche,
Der auf ihn niederblickt.
Der Tag ist eng' und drückend,
Die Nacht ist still und groß;
Die Nacht erst legt erquickend
Der Welt uns in den Schooß.
Der Tag erhellt die Laube,
Dies Hüttenthal der Zeit;
Die Nacht zieht, wie der Glaube,
Durch die Unendlichkeit.
Die Sehnsucht blickt aus trüber
Verhüllung in die Welt
Der großen Nacht hinüber:
Und melancholisch fällt
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