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3. Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt.
Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt, z. B.: Wenn dich
früh die Sonne zu einem neuen, kräftigen Leben weckt, so bietet er
dir: Guten Morgen! Wenn sich abends dein Auge zum erquick¬
lichen Schlummer schließt: Gute Nacht! Wenn du mit gesundem
Appetite dich zur Mahlzeit setzest: Wohl bekomm's! Wenn du
eine Gefahr noch zur rechten Zeit entdeckst, so sagt er: Nimm dich
i n a ch t, junges Kind oder altes Kind, und kehre lieber
wieder um! Wenn du am schönen Maitag im Blütendnft und
Lerchengesang spazieren gehst, und es ist dir wohl, sagt er: Sei
willkommen in meinem Schloßgarten! Oder du denkst
an nichts, und es wird dir auf einmal wunderlich im Herzen und
naß in den Augen und denkst: Ich will doch anders werden, als ich
bin, so sagt er: Merkst du, wer bei dir ist? Oder du gehst
an einem offenen Grabe vorbei, und es schauert dich, so denkt er just
nicht daran, daß du lutherisch, oder reformiert bist, und sagt: Ge¬
lobt sei Jesus Christ! Also grüßt Gott manchen, der ihm nicht
antwortet und nicht dankt.
Gott begegnet dir überall, wo du ihn grüßen möchtest.
4. Friedrich der Große und sein Kammerdiener.
Friedrich der Große arbeitete oft anhaltend bis in die Nacht
hinein. Einst saß er noch arbeitend an seinem Pulte, als die Mitter¬
nachtsstunde schon geschlagen hatte. Da trat sein Kammerdiener Heise
in das Zimmer. Dieser stand bei Friedrich in großer Gunst und
konnte sich schon erlauben, was ein anderer nicht wagen durfte. Jetzt
erinnerte er den König, daß es schon spät und Zeit zur Ruhe sei.
Der König sagte: „Ich habe da eine wichtige Arbeit vor, die keinen
Aufschub leidet. Wenn ich jetzt zu Bette gehe, so muß Er mich
spätestens morgen früh um 4 Uhr wecken. Ich werde dann noch
schläfrig sein und nicht ausstehen und Ihn wieder wegschicken wollen.
Aber ich befehle Ihm, daß Er sich nicht abweisen läßt. Wenn ich
nicht aufstehen will, so ziehe Er mir nur die Bettdecke weg. Hört
Er?" Mit dem Schlage vier trat Heise ein. Der König schlief sanft
und fest; aber der treue Diener weckte ihn mit lauter Stimme. Der
König schlug die Augen auf und sprach: „Es ist mir leid geworden;
ich muß noch zwei Stunden schlafen, komme Er um 6 Uhr wieder!"
„Aber Ew. Majestät haben befohlen," sagte Heise. „Schäker!" rief
der König, „Er hört es ja, ich will nicht." „Majestät, Sie müssen,"
antwortete Heise und zog die Bettdecke weg. Da stand der König auf.
Schlaftrunken gähnte und reckte er sich und sprach: „Ach Gott, wäre
ich doch ein Regierungsrat geworden!"