Lehrgesang. (Drollinger.)
Wie Mancher kürzt nicht seine Länge
Durch vieles Wissens Ueberfluß?
Gebricht mir's hier an Ruh' und Glücke,
Obgleich kein Fernglas meine Blicke
Des Mondes Flecken je gelehrt;
Ob Huygens Fleiß in jenen Fernen
Mit keinen neuen Folgesternen
Die Herrschaft der Planeten mehrt?
So merket denn, daß dieses Leben
Auf eine lange Zukunft zielt.
Hier ist uns nur ein Raum gegeben,
Drauf unsres Geistes Kindheit spielt.
Dann öffnet sich nach kurzen Zeiten
Der Schauplatz großer Ewigkeiten;
Da geht sein Lauf unendlich fort;
So hat die Allmacht es beschlossen.
Hier treibt der Geist die ersten Sprossen;
Was hier gekeimt, das reifet dort.
Drum zeigt er jetzt schon ein Gefühle
Von Trieben, die nichts Endlichs stillt.
Er setzt sich immer neue Ziele,
Und sucht umsonst, was ihn erfüllt.
Er wünscht, geneußt, und wünscht auf's Neue,
Durchirrt der Güter lange Reihe,
Und kann bei keinem stille ruhn.
Gab Gott, der nichts vergeblich füget,
Uns einen Trieb, den nichts vergnüget?
Die Ewigkeit denn muß es thun!
O was entdeckt sich meinem Blicke?
Was wird mir für ein Schauspiel kund?
Welch unerforschliches Geschicke
Beherrscht der Erden weites Rund?
Hier seh' ich unter Ach und Flehen
Den Heiligen in Qual vergehen,
Den Dampf und Flamme langsam schmaucht;
Wenn satt von Jahren, Lust und Fülle,
Sein Würger dort in sanfter Stille
Den lastervollen Geist verhaucht.
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