Full text: Lesestücke zum Weltkrieg

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Kugeln der Maschinengewehre wie Regen herunter. Verängstigt saßen 
wir wieder im Keller. Nun arbeitete nur noch die deutsche Artillerie. 
Die Kugeln sausten und zischten über unser Haus. Bei jedem Schuß 
dachten wir: „Der trifft unser Haus, nun ist's vorbei.“ Doch es war 
nicht vorbei, nein. Um 6 Uhr sahen wir die russische Kavallerie zurück— 
sprengen, dieser folgten etwa 40 gesattelte, doch herrenlose Pferde; eins 
davon war angeschossen und hinkte langsam nach. Gegen 7 Uhr hörten 
die Kanonenschüsse nach und nach auf, und nur vereinzelt fiel ein Ge— 
wehrschuß. Nun getrauten wir uns auch, aus dem Keller hervorzu— 
kommen. Doch ein schreckliches Bild sahen wir. Rings herum brannte es. 
Die Feuer hoben sich in der Dunkelheit gespensterhaft ab. In dem 
kleinen Dörfchen Sparken sind 14 Gehöfte niedergebrannt. Doch noch 
ein großer Schreck stand uns bevor. Von den Jegodner und Niedzwedzer 
Frauen erfuhren wir, daß in beiden Dörfern auch die Russen waren und 
von dort Kinder, Männer und Greise mitgeschleppt hatten; sogar ein 
Mädchen von 9 Jahren, 72jährige Greise, die schwach und krank waren. 
Ja, selbst die Frauen sollten mit, doch auf die Fürbitten der Männer 
wurden sie zurückgelassen. Aus beiden Dörfern, die zusammen 300 Ein— 
wohner zählen, waren 53 Entführte. Ach, der Jammer und der Schmerz 
der Zurückgebliebenen war herzzerreißend. Händeringend standen die 
AÄrmsten da. „Berliner Tageblatt.“ 
33. Die Schlacht bei Tannenberg. 
C strahlend schöner Spätsommermorgen war am 26. August ange— 
brochen, und vom blauen Himmel herab lachte die Sonne über der 
reizvollen masurischen Landschaft. Ein kleiner Trupp lanzentragender 
Reiter hielt auf einem steilen Hügel unweit Löbau, und die an der 
Spitze befindlichen Offiziere spähten vorsichtig um die Waldecke. Mit 
ihren Feldstechern suchten sie sorgsam das wie ein Tischtuch vor ihnen 
ausgebreitete Gelände ab, das mit seinem bunten Durcheinander von 
kleinen Seen und dichten Forsten, üppigen Äckern und Wiesen, freund— 
lichen Dörfern und trügerischen Sümpfen und mit dem Gewirr der 
von hohen, alten Eichen und Ulmen oder zarten Birken und Ebereschen 
eingefaßten Landstraßen ein gar entzückendes Bild bot. Dazwischen 
warsen die Herren vergleichende Blicke auf ihre Landkarten. Einer von 
ihnen, Graf R., eine hohe aristokratische Erscheinung, mit lang herab— 
wallendem, schon stark ergrautem Schnurrbart, der die Felduniform eines 
Rittmeisters der Landwehr trug, stammte aus der Gegend und machte 
den Erklärer.
	        
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