Westindien.
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Größe und seines von der Natur begünstigtern Bodens, bei Weitem
nicht so kultivirt, hatte aber in Hinsicht der Viehzucht den Vorzug vor
jenem. Zu dieser Zeit gab es auf der ganzen Insel Freie und Skla¬
ven. Letztere desanden sich unter dem Joche der strengsten Sklaverei
und in dem Zustande der größten Erniedrigung und tiefsten Unwissen¬
heit, und ihr Abgang wurde durch neue Transporte aus Afrika ergänzt,
so daß z. B. 1787 allein in den Französischen Antheil 30,839 Neger-
gersklaven eingeführt wurden. Seitdem aber diese Insel sich zu einem
eigenen unabhängigen Staate erhoben hat, ist eine große Umgestaltung
sowohl hinsichtlich der Kultur, als des bürgerlichen und sittlichen Zu¬
standes der Einwohner eingetreten. Jetzt sind Weiße, Mulatten und
Neger alle vor dem Gesetze gleich, und es bestehen nur die verschiede¬
nen Abstufungen der Stande, wie in andern civilisirten Staaten; in
welcher Beziehung sich die Einwohner in 3 Klassen theilen. Zu der
ersten gehören die Civil- und Militärbeamten (meistens Mulatten),
welche den größten Theil der Ländereien besitzen, die zweite besteht aus
den Künstlern und Handwerkern (größtentheils Neger) und den gemei¬
nen Soldaten (an welche letzteren auch Ländereien vergeben sind), und
die dritte aus den Landbauern, welche meistens Neger sind und gegen
einen Antheil von dem Ertrage die Ländereien der großen Gutsbesitzer
bebauen. Zucker wird jetzt bei Weitem nicht mehr so viel wie sonst
gebaut, dagegen haben sich die Kaffee- und Baumwollenpflanzungen
vermehrt. Indigo und Kakao werden nur wenig noch gezogen. Am
einträglichsten ist, vorzüglich in der Nähe bedeutender Städte, der An¬
bau der Bananen, Pams, des Manioc und anderer Lebensmittel.
Überhaupt nimmt die Landeskultur immer mehr zu.
Die Mulattten bilden durch ihre Thätigkeit und ihre Kenntnisse
eine Art Aristokratie, haben die besten Staatsämter in den Händen
und machen die angesehensten Einwohner der Städte aus, und ihre
Sitten gleichen ziemlich denen der Franzosen. Die Frauen der Vor¬
nehmen lieben den Putz außerordentlich und viele übertreffen in Luxus
und zierlichem Wesen manche deutsche Pariser Modedame. Ihre ge¬
wöhnliche Tracht besteht in einem feinen, buntgestickten Ostindischen
Oberkleide von verschiedenen Farben, meist aber weiß, mit handbreiten
Blumenborten besetzt. Um den Kopf tragen sie ein gelbrothes, mit
Grün quarirtes Madrastuch, turbansörmig um denselben geschlagen, und
über diesem öfters einen schwarzen oder braunen breitrandigen Kastor¬
hut. Ein schwarzer Schleier, in welchen sich die Damen ganz ein¬
hüllen können, ein feiner grün gefütterter Kastorhut, bunte Zeugfchuhe,
goldne Ketten, Ohr und Fingerringe, seidene mit bunten Franzen be¬
setzte Sonnenschirme und stark parfumirte Taschentücher machen den
unentbehrlichen Theil des Putzes einer Haptischen Dame. Die Her¬
ren kleiden sich sämmtlich nach den neuesten Französischen Moden, gehen
aber gewöhnlich während der heißen Tagszeit in leichten den Matrosen¬
anzügen ähnlichen Kleidern. Die gemeinen Neger tragen zu Hause