Felix Dahn.
Ich zog dir zum Ziele den zischenden Pfeil,
aufriß ich das Roß dir, das gestrauchelt am Steil.
Oft fing ich des Feindes geschwungenes Schwert,
lang hab' ich die Lanzen vom Leib dir gewehrt.
Und nun, da die Norne den Tod dir verhängt,
hab' ich dir den schnellsten, den schönsten geschenkt.
„Sieg!“ riefest du selig „Sieg, Sieg allerwärts!“
Da lenkt ich die Lanze dir ins herrliche Herz.
Du lächeltest lieblich, — ich umfing dich im Fall: —
Ich küsse die Wunde — und nun auf: — nach Walhall!
Krimhilde.
Auf dem Söller stand Krimhilde, sah ins braune Heideland,
Helme blitzten, Speen und Schilde von dem fernen Hügelrand.
Aus der Stirn die feuerblonden Locken strich die weiße Hand:
„Seid willkommen, ihr Burgonden⸗Gäste in Krimhildens Land!
Sieben Jahre mächtig, mächtig hab' ich diesen Tag ersehnt:
Schwer alltäglich und allnächtig hat mein Harren sich gedehnt.
Wann ich von des Heunen Munde Kuß auf Kuß mit Schaudern trug,
dacht ich schweigend an die Siunde, die mun endlich zögernd schlug.
König Etzel, zu den Waffen, den man Gottesgeißel nennt!
Nun den Brautschatz sollst du schaffen, der in Blut und Feuer brennt. —
Sieh, es scheuet, König Gunther, hoch dein Hengst vor meiner Brück:
Klopfe nur den Hals ihm munter, — niemals trägt er dich zurück.
Als mein Siegfried ritt zu jagen, hat auch ihm nicht bang gegraut,
und du hast ihn doch erschlagen, der so arglos dir vertraut.
Seh ich recht⸗ Ja, das ist Hagen! Traun, ein Gott nahm ihm den
Sinn:
Konnt' er sonst ins Land sich wagen, wo Krimhilde Königin?
Magst dein Haupt so hoch du tragen wie die höchste Tann' im Hag
Diese Hand solls niederschlagen, die auf Siegfrieds Herzen lag.
Aber dort. auf weißem Pferde ften sein dlen sed ud Wind —
mit der freundlichen Gebärde, — das ist Giselher, das Kind.
O mein Bruder mild von Sitten, mit den Wangen weiß und rot,
was bist du mitgeritten zu Krimhildens Gastgebot!
Sieh, sie steigen von den Rossen: — Hagen auch: — sie sind herein: —
Dumpf hat sich das Tor geschlossen: alle, alle sind sie mein!“