Full text: Hundertfünfzig vaterländische Gedichte

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Und ist die Zeit gekommen, und ist das Maß erst voll, — 
Ih sage gleich das Zeichen, woran man's kennen soll, — 
So wogt aus allen Enden der sündenhaften Welt 
Der Krieg mit seinen Schrecken heran zum Walserfeld. 
Dort wird es ausgefochten, dort wird ein Blutbad sein, 
Wie keinem noch die Sonne verliehen ihren Schein; 
Da rinnen rothe Ströme die Wiesenrain' entlang, 
Da wird der Sieg den Guten, den Bösen Untergang. 
Und wann das Werk vollendet, so deckt die Nacht es zu, 
Die müden Streilen legen auf Leichen sich zur Ruh', 
Und wann der junge Morgen bescheint das Blutgefild, 
Da wird am Birnbaum hangen ein blanker Wappenschild. — 
Nun sag' ich euch das Zeichen. Ihr wißt den Birnbaum dort: 
Er trauerk nun entehret, verstümmelt und verdorrt; 
Schon drei Mal abgehauen, schlug drei Mal auch zuvor 
Er schon aus seiner Wurzel zum stolzen Baum empor. 
Wann nun sein Stamm, der alte, zu treiben neu beginnt 
Und Saft im morschen Holze auf's neu' lebendig rinnt, 
Und wann den grünen Laubschmuck er wieder angethan, 
Das ist das erste Zeichen: es reift die Zeit heran. 
Und hat er seine Krone erneuet dicht und breit, 
So rückl heran bedrohlich die lang verheiß'ne Zeit; 
Und schmuͤckt er sich mit Blüthen, so ist das Ende nah, 
Und trägt er reife Früch te, so ist die Stunde da. — 
Der heuer ist gegangen zum Baum und ihn befragt, 
Hal wundersame Kunde betroffen ausgesagt: 
Ihn wollte schier bednken, als rege e Saft 
Und schwöllen schon die Knospen mit jugendlicher Kraft. — 
Ob voll das Maß der Sünde, ob reifet ihre Saat 
Der Sichel schon entgegen? ob die Erfüllung naht? 
Ich will es nicht berufen, doch duntt mich äns wohl klar: 
Es sind die Zeiten heuer gar ernst und sonderbar. 
Adalbert v. Chamisso.
	        
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