Object: Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare

— 11 — 
Himmels mit dem Horizonte zusammenfallen. Dann aber müßten alle Sterne Tag- 
kreise beschreiben, die, well mit dem Äquator, auch mit dem Horizonte parallel liefen. 
Es gäbe dann keinen Auf- und Untergang der Gestirne, vielmehr müßten alle 
Sterne der nördlichen Himmelskugel stets über dem Horizonte verweilen, d. h. es 
müßten alle für uns sichtbaren Sterne Circnmpolarsterne sein! So ist es aber nur 
für den Punkt der Erde, der senkrecht unter dem Nordpole des Himmels liegt. 
Läge dagegen die Himmelsaxe in der Ebene unseres Horizontes, so müßten der 
Äquator und die Tagkreise aller Gestirne des ganzen Himmelsgewölbes senkrecht 
auf unserer Horizontebene stehen, also auch senkrecht zum Horizont auf- und unter- 
gehen. Alle Tagkreise fielen halb über und halb unter den Horizont. Circum- 
Polarsterne gäbe es also nicht; aber alle Sterne des ganzen Himmelsgewölbes müßten, 
soweit es ihre scheinbare Größe zuließe, Nachts für uns sichtbar werden. So ist 
es aber nur für die Orte der Erde, die senkrecht unter dem Himmelsäquator liegen. 
Für uns liegen, wie wir schon wissen (S. § 6), die Tagkreise aller Gestirne 
schief zum Horizonte, weshalb die dem Pole näheren Sterne, aber auch nur diese, 
für uns Circumpolarsterue sind. Daraus können wir schließen, daß die zu den 
Tagkreisen rechtwinklige Axe des Himmels auch schief zum Horizonte liegen muß. 
Wie schief steht nun die Himmelsaxe auf dem Horizonte? 
Das richtet sich für jeden Ort nach der Polhöhe desselben. Diese aber hängt 
wieder ab von der Entfernung des Nordpoles vom Zenith. In Berlin ist z. B. 
der Bogen des Meridians vom Zenith bis zum Nordpol (Bogen ZP in Fig. VIIl) — 
37 x/2 °, vom Zenith bis zum Nordpunkte des Horizontes ----- 90°, also die Polhöhe, 
d. i. der Bogen vom Nordpol bis zum Nordpunkte (Bogen PN in Fig. VIII) = 
90° — 37 1/2 0 = 52 x/2 °. Also steht die Himmelsaxe, d. i. die vom Nordpole 
durch meinen Standpunkt gehende gerade Linie schief (für Berlin unter einem 
Winkel von 52 1/2 °) zur Horizontebene. Da der Bogen des Meridians vom Nord- 
pol über den Nordpunkt zum Äquator = 90 °, der Bogen vom Nordpole bis zum 
Nordpunkt für Berlin = 52 x/2 0 ist, so liegt für Berlin der Äquator nach Norden 
900 — 521/a 0 = 37 1/<t 0 unter, nach Süden eben so hoch über dem Horizonte. 
Überhaupt wird also der Äquator für jeden Standpunkt soviel Grad unter dem 
Nordpunkte des Horizontes liegen, als der Nordpol tiefer als das Zenith liegt. 
s 9. 
Beobachtung des jährlichen Laufes der Sonne. 
Weil wir den Nordpunkt wissen, so können wir auch den Ostpunkt bestimmen 
und uns irgendwie merken. Beobachten wir nun am 21. März den Ausgang der 
Sonne, so werden wir finden, daß derselbe um 6 Uhr morgens im Ostpunkte erfolgt. 
Der von der Sonne durchlaufene Tagkreis ist aber der Äquator, da dieser 
den Horizont im Ost- und Westpunkte schneidet. Messen wir am 21. März die 
Mittagshöhe der Sonne (über dem Horizonte), so finden wir dieselbe — 37 '/j0; 
sie ist also zugleich die Äquatorhöhe (Winkel x in Fig. XI, Winkel HmX in 
Ng. VI). Tag- und Nachtbogen sind an diesem Tage gleich. Um Mitternacht 
muß also die Sonne 371/2° unter dem Horizonte (Winkel y in Fig. XI, Winkel 
HmX' in Fig. VI) stehen. Tag und Nacht sind also am 21. März gleich, es 
ist Frühlings - Tag- und Nachtgleiche (Äquinoktium). Mit dem 
21. März beginnt der Frühling.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.