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kein Lebenshauch auf weiter Erde mehr,
ringsum ein Krater, ausgebrannt und leer,
und eine hohle Stimme rief von oben:
„Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen!
Da weinte Christus mit gebrochnem Munde:
Herr, ist es möglich, so laß diese Stunde an mir
vorübergehn!“
Ein Blitz durchfuhr die Nacht; im Lichte schwamm
das Kreuz, o strahlend mit den Marterzeichen,
und Millionen Hände sah er reichen,
sich angstvoll klammernd um den blutgen Stamm,
o Händ und Händchen aus den fernsten Zonen!
Und um die Krone schwebten Millionen
noch ungeborner Seelen, Funken gleichend;
ein leiser Nebelhauch, dem Grund entschleichend,
stieg aus den Gräbern, der Verstorbnen Flehn.
Da hob sich Christus in der Liebe Fülle,
und: „Vater, Vater,“ rief er, „nicht mein Wille,
der deine mag geschehn!“
Still schwamm der Mond im Blau, ein Lilienstengel
stand vor dem Heiland im betauten Grün
und aus dem Lilienkelche trat der Engel
und stärkte ihn.
Annette von Droste⸗Hülshoff
Der Knabe im Moor
schaurig ist's übers Moor zu gehn,
wenn es wimmelt vom Heiderauche,
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