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steg liegt noch, es wird Mundvorrat übernommen. Hinüber! Der Kommandant des
Torpedobootes, Kapitänleutnant, bringt uns zu der kleinen Messe; wir legen die
paar Kleinigkeilen, die wir in der Hand halten, ab und gehen an Deck. Der Landungs⸗
steg wird eingezogen. Mit langsamer Fahrt rückwärts löst sich das Boot vom
Lande. Noch sieht man die schweren Umrisse des Panzerzuges, der auf dem Gleise
steht. Dann hat die Dunkelheit das Land verschluckt. Am Schornstein des Bootes
glühen ein paar Lichtsignale auf, dann fahren wir vorwärts. Ein Zittern geht
durch den Schiffskörper; wir gehen mit voller Fahrt in die offene See. Das grüme
Licht der Außenmole verschwindet. Wir sind auf offenem Meer.
Um 2 Uhr sollen wir das Geschwader, das an geschützter Stelle verankert liegt,
erreichen. Wir sausen durch die Nacht; ein leuchtender Sternenhimmel spannt
sich über die Ostsée, allmählich lernt man sehen. Auf der Kommandobrücke
leuchtet in mattem, wie phosphoreszierendem Licht nur das Kompaßgehäuse.
Wir laufen über 24 Knotend, die mächtigen Maschinen arbeiten mit aller Kraft.
Im Osten flammt eine dunkelrote Wolke auf, der Widerschein der aufgehenden
Sonne. Um 2 Uhr ist es hell, das Geschwader taucht auf. Das Torpedoboot geht
längsseits des Admiralschiffes. Der Mmiral bestimmt unsere Verteilung. Bitte
klarmachen zum Übersteigen!“ Ich komme an Bord eines Kreuzers. In dem
Augenblick, da sich die Bordwand des Torpedobootes hebt, fasse ich die Griffe der
Leiter und turne an der schwarzgrauen Wand empor.
2. An Vord des Kreuzers ist alles gefechtsklar. Ehe ich mich dem Kommandanten
noch vorgestellt habe, rasseln die Anker hoch. Der Erste Offizier teilt mir mit, daß
russische Kreuzer gesichtet worden seien, oben im nördlichsten Teil der Ostsee. Ich
melde mich kurz. Das Schiff fährt eben in die ausgebojte 10 Fahrrinne. Den Minen⸗
suchbooten gehl es ein wenig wie den Kolonnen des Landheeres. Sie haben die
schwere Arbeil, aber der Glanz des Gefechtes ist nicht über ihrem stillen Wirken,
neben dem täglich der Tod steht. Ohne ihre Leistung, die in diesem Falle wirklich
nicht Hein war, da die völlig minenverseuchte Straße nach Libau freizumachen
war, wäre eine Tätigkeit der Flotte überhaupt nicht möglich; aber später, wenn
die Kanonen sprechen, treten die lleinen Minensucher bescheiden zurück.
In der Offiziersmesse sind die Bilder, die Uhr, alles Bewegliche von Wänden
und Tischen entfernt. Tapeten gibt es selbstverständlich schon lange nicht mehr,
selbst die Olfarbe ist an den meisten Stellen entfernt. Der Schiffsarzt gibt mir
eine Mullbinde mit Wattebausch, die beim Gefecht über das Gesicht zu ziehen ist
wegen der giftigen Gase, die von den Brandgranaten entwickelt werden. „Schwimm⸗
westen erst im letzten Augenblick aufblasen; man kommt sonst schlecht aus den
Räumen!“ In Kiellinie folgt das Geschwader dem Flaggschiff; in regelmäßigem
Abstand bilden die Torpedoboote einen Schleier nach der See zu. Es geht in voller
Fahrt, denn die Flottenunterstützung ist der Landarmee für die ersten Morgen—
stunden zugesagt.
Nach zweistündiger Fahrt tauchen die Umrisse von Libau auf, schattenhaft
dunkelgrau, bald deutlicher die Kirchen und Türme. Wir fahren trotddem in voller
Fahrt weiler, da die Aufklärungskreuzer immer noch hoffen, daß sich die russisch—