VI.
Rede des Reichskanzlers Jürsten v. Bismarck),
gehalten am 2. Mai 1871.
Die erste Beratung über den Gesetzentwurf, betreffend die
Veréinigung von Elsaß-Lothringen mit dem deut—
schen Reiche, leitete der Reichskanzler Fürst von Bis—
narck im deutschen Reichstage mit der folgenden Rede**) ein:
Ich habe zur Einleitung des Ihnen vorliegenden
Gesckentwurfs nur wenige Worte zu sagen. Über das
Detail desselben wird die Diskussion ja Gelegenheit
geben, mich zu äußern; das Hauptprinzip desselben aber
ist, glaube ich, einer Meinungsverschiedenheit kaum unter—
woͤrfen, nämlich die Frage, ob Elsaß und Lothringen dem
deunschen Reiche einverleibt werden sollen. Die Form,
in welcher es zu geschehen haben wird, die Form nament—
sicn, in welcher es anzubahnen sei, wird ja Gegenstand
Ihrer Beschlüsse sein, und Sie werden die verbündeten 10
Hlegierungen bereit finden, alle Vorschläge, die in dieser
Boeziehung abweichend von den unserigen gemacht werden,
sorgfältig zu erwägen.
In dem Prinzid selbst, glaube ich, daß eine Meinungs
verschiedenheit um deshalb nicht vorhanden sein wird, weil 15
sie schon vor einem Jahre nicht vorhanden war und während
hieses Kriegsjahres nicht zu Tage getreten ist. Wenn wir uns
ein Jahr — oder genauer zehn Monate — zurückversetzen,
) Otto Fürst von Bismarck, Kanzler des deutschen Reiches und
preußischer Ministerpräsident, geboren am 1. April 1815 auf dem
Familiengute Schönhausen der Almart, ward am 21. März 1871
in den Fürstenstand erhoben.
) Nach Bismarcks Politischen Reden, herausgegeben von H.
Kohl. Stuttgart, 1890 u. ff. B. V., S. 50 u. ff.