Aus der Ferne. 
327. Besuch eines englischen Kohlenbergwerks. 
Nie werde ich die Stunde vergessen, in der ich zum ersten 
Male ein bedeutendes englisches Kohlenbergwerk besuchte. Es 
war im hohen Sommer. Schwül war die Luft; schwarze Ge⸗ 
illerwolken fanden am Himmel; von der Erde aber vor uns 
sliegen dichte Rauchwolken auf, die alle Gegenstände in einen grauen 
Schleier hüllten. Als wir weiter kamen, umgab uns ein rußiger 
slinkender Dampf. Aus der Tiefe wurden unheimliche Töne hörbar: 
das Achzen der Pumpen, das Stöhnen der Dampfmaschinen, das 
Sprengen der Kohlenmassen unter unsern Füßen. Das Dröhnen in 
den Eingeweiden der Erde, dazu die auf den Eisenbahnen dahin⸗ 
rollenden Wagen, das geschäftige Hin- und Hereilen der schwarzen, 
berußten Menschen gaben dem ganzen Anblicke etwas Grausenhaftes. 
Plötzlich zerspaltete sich das Gewitter über uns; der Himmel wurde 
zum Feuermeer, der Vonner brüllte, der Regen stürzte in Strömen 
ederre Wir eilten zum nächsten Zechenhause, einem weiten Ge— 
baude mit turmhohen Schornsteinen, und traten ein. 
Au die Stelle der Angst trat zuerst Staunen, dann Bewunderung 
Alles in dem Hause war in Kohlenstaub gehüllt, schwarz und finster; 
aber allenthalben in den weiten Räumen herrschte Regelmäßigkeit und 
Ordnunge Den Hauptplatz nahm die große Dampfmaschine ein 
gleichsam die Seele des Ganzen. Sie hatte eine Kraft von 300 
Pferden, und die gewaltigen Chlinder von 1,50 m Durchmesser hoben 
sich so ruhig auf und nieder, daß man kaum ein Geräusch vernahm. 
Ein hußeiserner Wagebalken, 20000 kg schwer, regelte ihre Wirkung 
ruhig senkte sich der ungeheure Hebel und hob sich wieder in stetem 
Wechsel. Hunderfältiges Räderwerk und Getriebe ging so still und 
sanft wie ein Uhrwerk. Neben der Maschine öffnete sich ein Schlund 
der Tiefe. Wagen, mit Kohlen beladen, Bergleute, schwarz wie der 
Sloff, den sie ausbeuteten, Beamte mit rußigen Gesichtern kamen 
herauf und verschwanden schnell wie der Schatten. Bei aller Thä⸗ 
gleit um und neben und über und unter uns war nirgends Lärm 
nirgends Verwirrung. Überall herrschte Eile ohne Übereilung, über⸗ 
all That, nirgends Worte. 
Auf die Einladung unsers Führers stiegen wir in einen leeren 
Kohlenwagen, der eben in den Schacht einfahren wollte, und auf 
ein Zeichen ging es mit Blitzesschnelle hinab, mehrere Dekameter 
lief. Wir hiellen an der ersten Galerie, wo das erste Kohlenflöz 
das hier eine Dicke von 1,50 m hatte, ausgebeutet wurde, und 
fliegen aus um die Kohlengewinnung selbst zu betrachten. Ein 
Bergmann eilte auf das mit einer Pfeife gegebene Zeichen des 
Aufsehers herbei und führte uns zur nächsten Ärbeitsstrecke. Eine 
350 h lauge Wand sollte eben vermittelst eines mit Pulver ge⸗ 
fülllen Bohrlochs abgesprengt werden. Der Schuß geschah; eine