6
0, wie zitterten die Bäume,
Und wie funkelte der Plan,
Und wie zog durch unsre Träume
Der Gesang von Ossian!
6. Könnt' ich heute sie belauschen,
Da sie Osterluft durchzieht!
Heute wehen, heute rauschen
Sie ein fröhlich Hochzeitslied.
Heute aus den morgenfrischen
Gründen steigt der Frühlingsschall,
Und, vom Wald herauf, dazwischen
Schlägt die erste Nachtigall.
7. Ans denn! Duft und Schall des Lenzes
Sei des Festes heitrer Gast,
Und beglänz' es und bekränz' es
Mit dem Schönsten, was du hast.
Über ihrem Haupt dein klares
Tranzelt schmück' mit Sonnenschein,
Laß das Leben dieses Paares
Voll von deinen Wonnen sein.
8. Laß ihr Streben sein ein echtes,
Daß sie fügen neuen Glanz
Zu dem alten des Geschlechtes,
Das der Stolz des Hessenlands;
Tüchtig bei der Zeiten Schwere,
Wie die Väter stark und frei:
Daß ihr Schloß ein Sitz der Ehre,
Eine Burg der Zukunft sei!
9. Und wenn einst, wie dies sein Hoffen,
Sich der Sänger naht dem Tor,
Steh' das Haus ihm gastlich offen,
Wie der Eltern Haus zuvor;
Daß ihm Häupter neu begegnen,
Die um beide sich gereiht,
Um sie mit dem Wort zu segnen:
„Euch gehört die neue Zeit!"
Julius Rodenberg. (Aus Schottland.)