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der prassend oft die halbe Nacht durchwachte
und dann zur Nacht den lichten Morgen machte;
G doch schloß er kaum die Augen zu,
so stört ihn schon in seiner Ruh
durch seine frohen Morgenlieder
Johann, der muntre Seifensieder.
Drob zürnt der reiche, faule Mann
2o und hebt, wenn jener singt, voll Unmut an:
„Der Kuckuck hole deine Lieder,
vermaledeiter Seifensieder!
Ach, wäre doch zu meinem Heil
der Schlaf hier wie die Austern feil!“
»* Den Sänger, den er früh vernommen,
läßt er des Mittags zu sich kommen
und spricht: „Mein lustiger Johann,
wie geht es Euch, wie fangt Ihr's an?
Ein jeder rühmt mir Eure Ware,
s80 sagt, wieviel bringt sie Euch im Jahre?“
„Im Jahre, Herr? Mir fällt nicht bei,
wie groß im Jahr mein Vorteil sei!
So rechn' ich nicht. Ein Tag beschert,
was der, der auf ihn folgt, verzehrt.
5 Das kommt im Jahr, ich weiß die Zahl,
dreihundertfünfundsechzigmal.“
„Schon recht, doch könnt Ihr mir nicht sagen,
was pflegt ein Tag wohl einzutragen?“
„Mein Herr, Ihr forschet allzusehr!
o Der eine weniger, der andre mehr;
so wie's denn fällt. Mich zwingt zur Klage
nichts als die vielen Feiertage.
Ja, wer die alle rot gefärbt,
der hatte wohl wie Ihr geerbt;
w dem war die Arbeit wohl zuwider;
der war gewiß kein Seifensieder.“
Der reiche Mann, gar sehr erfreut
ob dieser guten Nachricht, beut
dem liederreichen Nachbarsmann
zo viel schöne, blanke Taler an;