Full text: [Teil 2 = (Quinta), [Schülerband]] (Teil 2 = (Quinta), [Schülerband])

Wagner: Besteigung des Herzogenstandes. Berthelt: Der Sturm ꝛc. 175 
Walchensees, nördlich den Kochelsee. Weiter hinaus nach dem VTief— 
lande blinken zahlreiche kleine Seeen bis zu dem Würmsee, über den 
uns gestern das Dampfboot trug. 
Nach Westen hin erstreckt sich von unserm Sitze aus ein langer, 
schmaler Felsrücken, — ein Gemspfad führt auf dem Grate entlang. 
Um keinen Preis würden wir jenen Weg gehen; denn der geringste 
Schwindel, der geringste Fehltritt brächte uns wohl 1000 mm tief in die 
Felsschluchten hinab. Nicht weit von unserm Sitze, ein wenig unterhalb 
des Gipfels, biegt ein ebenfalls gut gebahnter Seitenpfad ab, der mitten 
in das wilde Felslabyrinth hineinführt. Auf einem der schroffsten Vor— 
sprünge ist eine Jägerlaube angebracht; ein festes Geländer schützt vor 
einem Sturze in die Vefe, Bänke dienen zum Ausruhen, und ein leichtes 
Wetterdach bietet Schutz gegen die Sonne. Jenes Schießhüttchen ist der 
eigentliche Herzogenstand, schon seit langen Jahren zum Ansitze auf Gems— 
wild für den fürstlichen Herrn eingerichtet, der sich hier das ausschließliche 
Recht zur Jagd vorbehalten hat. 
Nach Osten wie nach Westen türmt sich ein ganzes Heer von Bergen, 
einer hinter dem andern. Wer nennt sie alle mit Namen? Die näheren 
liegen dunkel gefärbt zu unsern Füßen, die ferneren werden mehr bläulich— 
grau und violett, bis die fernsten Schneehäupter fast im Dunst des 
Horizontes verschwinden. 
Deutlich haben wir bei unserer Wanderung die verschiedenen Gürtel 
unterschieden, welche die abnehmende Wärme an den Seiten des Gebirges 
entlang erzeugt, zu unterst Wälder aus Laubholzbäumen, dann Nadelholz— 
wald, dann Buschwald aus niederen Stäuchern, dann Alpenmatten und 
Kräuter und Gräser, dann kahle Felsen und an den entfernteren Bergen 
sehen wir die obersten Teile sämtlich in Eis und Schnee eingehüllt. 
77. Der Sturm auf dem Meere. 
Berthelt, Geographie in Bildern. 
Vergl. das Gedicht Nr. 35: Der Lotse von Giesebrecht. 
Ein drohender Morgen zog über die Seefahrer empor. Dickes, 
trübes Gewölk bedeckte weit gegen Westen die hohlgehende, schwarze See. 
Der Wind heulte stoßweise durch die Masten, und in kurzer Zeit hatte 
das Firmament ein so schreckenerregendes Ansehen angenommen, daß selbst 
die erfahrensten Matrosen sich bedeutungsvolle Blicke zuwarfen. Alle 
Luken wurden auf das sorgfältigste verschlossen. Die höher hangenden 
Segel waren schon während der Nacht abgenommen, und alle Leesegel) 
eingezogen worden. Das Schiff fuhr nur noch mit den großen unteren 
Segeln, hart mit den Wellen kämpfend, die sich zornig an seiner Spitze 
und an den festen Wänden brachen. 
) Leeseite ist die vom Winde abgekehrte Schiffsseite.
	        
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