Full text: [Teil 2 = (Quinta), [Schülerband]] (Teil 2 = (Quinta), [Schülerband])

A. Alte Sage und Geschichte. J. Griechische Sagen. 
Jetzt wollte sie doch sehen, wie der entscheidende Kampf um sie 
enden werde, und bestieg deshalb den Ort auf der Mauer, wo die 
Greise saßen. Ihre Schönheit entzückte selbst diese ehrwürdigen Alten, 
und sie verglichen ihr Ansehen dem einer unsterblichen Göttin. Priamus 
aber, als er sie sah, rief ihr freundlich entgegen; 
„Komm doch näher heran, mein Töchterchen! Hier setze dich zu 
mir, da kannst du sie alle sehen, deinen ersten Gemahl und deine 
lieben Verwandten! Weine nicht, du trägst ja nicht die Schuld; das 
ist eine Fügung der Götter, daß es so hat kommen müssen! 
Nun aber sage mir, Tochter, die Namen der Helden, die mächtig 
dort über allen hervorragen.“ Und Helena zeigte ihm den Agamem 
non, den Odysseus und den Ajax und rühmte ihren Sinn und 
ihre Thaten. 
Da erschien Hektors Bote, den greisen König ins Lager der Griechen 
zu holen. Sogleich bestieg er den Wagen und fuhr zum Thore hinaus 
ins Feld, wo die feindlichen Heere sich gegenüber lagerten. — Dort 
schlossen er und Agamemnon einen feierlichen Vertrag im Namen der 
Völker und sie besiegelten ihn durch einen Schwur: „Wenn etwa Paris 
den König Menelaus erlege, dann sollte er die Helena und ihre Schätze 
behalten; fiele er aber selbsi im Kampfe, so sollten die Troer das Weib ent 
lassen und sämtliche Schätze zurückgeben und eine gerechte Buße zahlenm.“ 
Priamus aber kehrte, nachdem er geschworen hatte, in seine Sladt 
zurüch damit er nicht etwa den Tod seines Sohnes mit ansehen muffe 
Hektor und Odysseus, die Ordner und Hüter des Kampfes, maßen 
unun den Kampfplatz ab und warfen zwei Lose in einen Helm, eines 
für Menelaus, das andere für Paris, um zu entscheiden, velcher von 
beiden den ersten Wurf mit der Lanze thun sollte. Hektor schüttelte, 
rückwärts gewandt, den Helm — das waͤr die alte Art zu losen —, 
bis eines der Lose herausflog. Es war des Paris Los. 
Sogleich traten die Umstehenden alle weit zurück und setzten sich 
ringsum nach der Ordnung nieder. Paris, ganz in blinkendes Er, 
gerüstet, auf dem Haupte den undurchdringlichen Helm mit dem 
wallenden eeee in den Händen Schwert und Schild und 
Speer, trat von dieser, Menelaus von jener Seite hervor in die Mitte 
der beiden Völker. Sie schüttelten zornig ihre Waffen, und zuerst 
mit heftigem Schwunge warf Paris seinen Wurfspieß auf den Gegner. 
Aber achl! er traf den eisernen Beschlag an Menelaus' Schilde, die 
Spitze bog sich krumm, und der Speer fiel kraftlos zur Erde. 
„Nun, allwaltender Zeus,“ rief Menelaus, „so verleihe mir Kraft, 
den Jüngling zu strafen, der an mir so bitter gefrevelt hat damit jeder 
gewarnt werde vor Entweihung des heiligen Gastrechts!“ Sprach's und 
schmetterte ihm mit gewaltigem Wurfe die Lanze auf den Leib daß sie 
den Schild durchbrach und gewiß ihm ins Herz gedrungen wäre, hänte 
nicht Paris rasch sich gewendet. Aber indem er noch in der Bestürzung 
auf seinen Schild sah, sprang Menelaus mit entblößtem Schwerte auf 
ihn ein und führte einen so kräftigen Streich auf seinen Kopf daß er 
ihm sicher den Schädel gespalten hätte, wäre nicht an der Härte des 
Helms die spröde Klinge in Stücke zersprungen. Da knirschte Menelaus
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.