Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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vor Hunger und Grämen selber aus, wie griese ) Leinwand. Er 
zahlte ihm, damit der reiche Mann Geld sähe, 8 Thlr. 22 Gr. 
auf den Tisch. Die 22 Gr. bestanden aus Dreiern, Vierlingen 
und Groschen und Sechsern vom alten Fritz, die man sonst wohl 
Stiefellnechte nannte; denn der Mann hatte alles zusammengesucht. 
Aer der Bauer sprach: „Euer Aufzählen hilft Euch nichts; 1Tha⸗ 
ler, das ist mein Satz. Eher thue ich ineinen Boden nicht auf. 
Und dann muß es ordentlich Courant sein. Des Bauern Söhn— 
chen, ein Bürschchen von zehn Jahren, zupfte den Alten am Rocke; 
„Vater, gebt's ihm doch!“ Aber sein Vater prägte ihm mit einem 
Rippenstoße bessere Grundsätze ins Herz. Der Weber mußte sein 
Geld zusammenstreichen und heimwandern. Den 8. Mai in der 
Abenddämmerung kam die Zeitung an. Einen Blick hinein, und 
der Bauer fand, was er finden wollte: „Roggen 4 Thaler.“ Da 
zitterten ihm die Glieder vor Freude. Er nahm ein Licht, ging 
auf den Boden und wollte übersehen, wieviel er wohl verkaufen 
könnte, und überschlagen, wie groß seine Einnahme wäre. Indem 
er durch die Haufen und gefüllten Säcke r strauchelt er 
an einem umgefallenen, fällt selber, das Licht fliegt ihm aus der 
Hand und in einen üen Stroh, der danebenliegt. Ehe er sich 
aufraffen kann, steht das Stroh in hellen Flammen. Ehe an Hilfe 
zu denken ist, hat das Feuer Dachstuhl und Dielen ergriffen. Um 
Mitternacht an demselben Tage, wo der Scheffel Roggen 4 Thaler 
galt, wo er auf seinen Satz gekommen war, wo er seinen Boden 
gebffnet hatte, stand er am Schutthaufen seines ganzen Gutes als 
ein armer Mann. Fr. Ahlfeld. 
23. Der Schutzengel. 
Im Gebirge lebte eine arme Witwe, die von mancher Sorge 
für sich und e Knaben Wilhelm bedrängt ward. Aber der 
Knabe war ein gutes, fröhliches Kind, sah vergnügt in den Tag 
n und wußte wenig von der Not seiner Multer; denn die 
tter trug ihre Leiden stille mit Geduld. 
Als der Knabe eines Abends heim kam, lag seine Mutter 
krank auf dem Bette. Da ward sein heiteres Auge trübe von 
Thränen, und er setzte sich zu ihr an ihr Bette, faßte ihr Hand, 
drückte sie an sein Herz und weinte. Und er blieb an ihrem 
Bette sitzen die ganze Nacht, un ihr oft das Kopfkissen zurecht, 
holte ihr auch manchmal einen Trunk frisch Wasser, daß sie ihre 
lechzenden Lippen labe. 
H gries (uiederd. für das hochd. greis) — weißgrau, altergrau. Pleo⸗ 
i lrkenr wird auch wohl gesaͤgt: griesgrau, namentlich vom greisen⸗ 
en 2
	        
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