118 Das Zeitalter d. Zerstörung d. alten Reichs u. d. Entstehung b. neuen deutschen Kaisertums. 
§ 96. Die Gebietsfragen. Die polnisch-sächsische Frage war am 
schwersten zu lösen. Rußland beanspruchte bei dieser vierten Teilung 
Polens den größten Teil des Großherzogtums Warschau; als Entschädi¬ 
gung für seine früheren polnischen Besitzungen forderte Preußen im Ein¬ 
verständnis mit Rußland den Besitz Sachsens, da dessen König bis zur 
Schlacht bei Leipzig am Bunde mit Napoleon festgehalten und nach Kriegs¬ 
recht seine Krone verwirkt habe. Dem preußisch-russischen Einvernehmen 
traten Metternich und die Vertreter Englands, die vor allem ein Über¬ 
gewicht Rußlands zu verhindern suchten, sowie der französische Gesandte 
Talleyrand entgegen, der bei diesem Zwiespalt der Mächte schnell einen 
unheilvollen Einfluß gewann. Schon schlossen Österreich, Frankreich und 
England ein geheimes Bündnis; doch kam schließlich eine Einigung zu- 
Das stände. Rußland verzichtete auf Thorn und Krakau; ersteres fiel nebst 
Ven.^ Danzig an Hrenßen, letzteres wurdeHiner freien Stadt erklärt. Die 
neugewonnenen polnischen Gebiete vereinigte Alexander zu einem Kön i g - 
reich Polen, das eine Verfassung erhielt und mit Rußland durch Per¬ 
sonalunion verbunden wurde. 
Preußens Er. Preußen erhielt demnach von seinen früheren polnischen Landes¬ 
werbungen. teiIe~ imr bie jetzige Provinz Posen, Thorn und Danzig zurück; seine 
früheren weftelbischen Besitzungen wurden ihm mit Ausnahme von Ost¬ 
friesland und Hildesheim, die an das neue Königreich Hannover fielen, 
und von Ansbach und Bayreuth, die bei Bayern blieben, zurückgegeben. 
Dazu bekam es die Hälfte von Sachsen, westfälische Gebietsteile und die 
Rheinlande sowie das bisher schwedische Vorpommern. Es erhielt so eine 
Einwohnerzahl, die wenig größer war als Sie vön 1805; zudem blieb der 
Staat in zwei ungleiche Teile gespalten. Aber es gewann den beherrschen¬ 
den Einfluß in Norddeutschland, dazu die Wacht zugleich an Memel und 
Rhein, wodurch seine nationale Aufgabe vorgezeichnet war. 
Österreichs Österreich erhielt Tirol und Salzburg von Bayern, das mit der 
Werbungen. Rheinpfalz entschädigt wurde, und ferner Jllyrien zurück, dazu Venetien 
und die Lombardei. Es wurde ein nur teilweise deutscher, zum andren 
Teile slawisch-ungarisch-italienischer Staat; viel besser abgerundet als 
früher, stand es mehr neben als in dem deutschen Staatensystem, ein Ver¬ 
hältnis, das durch die Bemühungen der Metternichschen Regierung, Ein¬ 
flüsse des deutschen Geisteslebens von Österreich fernzuhalten, noch ver¬ 
schärft wurde. 
Stauen. In Italien wurden die alten Fürsten, u. a. der Papst wiederher¬ 
gestellt; auch die Bourbonen erhielten 1815 Neapel zurück, nachdem Murat 
sich an Napoleon angeschlossen hatte und infolgedessen vertrieben worden