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Fläming vorgeschoben wurden, um die in den sumpfigen Niederungen sitzen
den Slawen im Zaume zu halten. Seitdem sich aber auf den in der Tief
ebene liegenden Sandschollen deutsche Kolonistendörfer erhoben und sich
die Städle als Hüter deutscher Kultur entwickelten, verloren diese Fläming—
burgen ihre alte Bedeutung. Als Adelssitze behielten sie zwar noch ein
äußerlich prunkendes Aussehen; aber nur in Kriegszeiten, wenn die schützende
Ringmauer der Städte dem fliehenden Landmann zu entfernt oder zu eng
war, gewann so ein altes Trutznest wieder erhöhten Wert.
Erust Eriedel. (Der Rote Adler.)
2. Der Weg nach dem Rabenstein führt von Wiesenburg her ein
Stückchen über die pappelbestandene Koswiger Chaussee, überschreitet den
Bahndamm und steigt dann steil über die Abhänge des Flämings empor
zu herrlichstem Buchenwald. Als ich ihn am Morgen des zweiten Pfingst⸗
tages durchwanderte, schien mir die Natur selber in Festtagsstimmung zu
sein. Wie flüssiges Gold quoll der Sonnenschein durch das zarte, grüne
Buchenlaub und warf breite, helle Flecken auf den moosigen Weg. Eine
Weile noch hallte fernes Glockenläuten herüber, dann verwehte der Klang,
und nur das vielhundertstimmige Vogelkonzert belebte die Stille. Ein
paarmal führte der Weg über eine Waldbloße; dann schwirrte der Ge—
sang der Lerchen vom blauen Himmel herab wie ein lang anhaltendes
Geigentremolo in den höchsten Tönen. Von Menschen traf ich nur ein
paar Kirchgänger, dann nichts mehr.
3. Zur Frühstückszeit kam ich nach Welsigke, einem stillen Walddorf
mit einer Oberförsterei. Das Försterhaus liegt im Schatten uralter Eichen
und Kastanien. Da der Tag heiß war, rastete ich ein wenig auf einer
Bank unter ihren Zweigen. Der Forstmeister, eine prächtige, kraftvolle
Weidmannsgestalt, trat unter die Haustür, und bald entspann sich ein
Gespräch, das mit den Kränzen, die noch von der Hochzeit der einzigen
Tochter her am Hause hingen, anhob und mit dem Wildbestand der
Forsten endigte. Welsigke ist ein Stück der ehemaligen Brandtsheide und
hat in seinen Wäldern einen sehr starken Bestand nicht allein an Reh- und
Damwild, sondern auch an Wildschweinen und Fasanen. Mittlerweile war
die stille, freundliche Frau Forstmeisterin mit den gütigen Augen zu uns
getreten; wie durch Zauberhand deckte sich der Tisch, und dem Wegfremden
wurde in altdeutscher Gastfreundschaft ein kräftiges Frühstück so freundlich
angeboten, daß das Ausschlagen eine Beleidigung gewesen wäre.
Neugestärkt wanderte ich weiter nach Grubo, einem alten wendischen
Dorfe. Der letzte Teil des Weges von hier bis Raben ist der beschwer—
lichste; er führt durch niedrige Bauernheide, ist sonnig und sandig. Desto
lieblicher ist der Blick auf das Dörfchen Raben. Es liegt in einem