Full text: Für Quarta und Untertertia (Abteilung 2, [Schülerband])

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37. Hans Guter. 
Johann Gabriel Seidl, Ausgewählte Dichtungen, Leipzig (Reclam), 1S06, I, S. 59. 
1. „Horch, Marthe! Draußen pocht es. Geh, laß den Mann herein! 
Es wird ein armer Pilger, der sich verirrte, sein. — 
Grüß' Gott, du schmucker Krieger! Nimm Platz an unserm Tisch! 
Das Brot ist weiß und locker; der Trank ist hell und frisch." — 
2. „Es ist nicht Trank noch Speise, wonach es not mir tut; 
Doch, so Ihr seid Hans Euler, so will ich Euer Blut. 
Wißt Ihr, vor Monden hab' ich Euch noch als Feind bedroht, 
Dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt Ihr tot. 
3. Und als er rang am Boden, da schwor ich es ihm gleich, 
Daß ich ihn wolle rächen früh oder spät an Euch." 
„Und hab' ich ihn erschlagen, so war's im rechten Streit; 
Und kommt Ihr, ihn zu rächen, — wohlan, ich bin bereit. 
4. Doch nicht im Hause kämpf' ich, nicht zwischen Tür und Wand; 
Im Angesichte dessen, wofür ich stritt und stand! — 
Den Säbel, Marthe, weißt du, womit ich ihn erschlug! 
Und sollt' ich nimmer kommen — Tirol ist groß genug!" 
5. Sie gehen miteinander den nahen Fels hinan; 
Sein gülden Tor hat eben der Morgen aufgetan. 
Und Hans voran, der Fremde recht rüstig hinterdrein, 
Und hbher stets mit beiden der liebe Sonnenschein. 
6. Nun stehn sie an der Spitze. Da liegt die Alpenwelt, 
Die wunderbare, große, vor ihnen aufgehellt; 
Gesunkne Nebel zeigen der Täler reiche Lust, 
Mit Hütten in den Armen, mit Herden an der Brust. 
7. Dazwischen Riesenbäche, darunter Kluft an Kluft, 
Daneben Wälderkronen, darüber freie Luft, 
Und sichtbar nicht, doch fühlbar, von Gottes Ruh' umkreist. 
In Hütten und in Herzen der alten Treue Geist 
8. Das sehn die beiden droben. Dem Fremden sinkt die Hand; 
Hans aber zeigt hinunter aufs liebe Vaterland: 
„Für das hab' ich gefochten; dein Bruder hat's bedroht! 
Für das hab' ich gestritten; für das schlug ich ihn tot!" 
9. Der Fremde sieht hinunter, sieht Hansen ins Gesicht; 
Er will den Arm erheben, den Arm erhebt er nicht. 
„Und hast du ihn erschlagen, so war's im rechten Streit; 
Und willst du mir verzeihen, komm, Hans, ich bin bereit!" 
38. Der Glockenguß zu Breslau. 
Wilhelm Müller, Gedichte, Leipzig (Reclam), 1894, S. 70. 
1. War einst ein Glockengießer 
Zu Breslau in der Stadt, 
Ein ehrenwerter Meister, 
Gewandt in Rat und Tat. 
2. Er hatte schon gegossen 
Viel Glocken gelb und weiß 
Für Kirchen und Kapellen 
Zu Gottes Lob und Preis.
	        
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