Full text: Lern- und Lesebuch für den Geschichtsunterricht an einjährigen Lehrkursen

Es gibt nur einen Weg zur Erkennt- 
nis der Gegenwart: den Weg durch die 
Vergangenheit. Luden. 
Ein Wort im voraus. 
Alles Gesschaffene und Gewordene ist ein G e ch e h e n e s, es hat seine G e- 
s ch i ch t e. Jm Gesschichtsunterrichte fassen wir den Begriff allerdings enger; 
wir gehen nur jenen Ereignissen und Zuständen, jenen Leistungen und Schick- 
salen der Einzelpersönlichkeiten und der großen Volksmassen nach, welche für die 
Gestaltung unserer heutigen Verhältnisse im Privat- und öffentlichen Leben 
von besonderem Einflusse waren. Denn das Leben der Menschen ~ das geistige 
wie körperliche ~ war nicht zu allen Zeiten das gleiche. Welch eine glänzende 
Entwicklungsreihe liegt doch zwischen dem seine Gerätschaften und Waffen aus 
Knochen und Stein fertigenden, in Höhlen hausenden Menschen der Urzeit und dem 
Menschen unserer Tage, der sich mit den Wundern der Technik umgeben hat, 
die es ihm sogar erlauben, sich in die Lüfte zu erheben! Verfolgen wir die Spuren 
dieses Werdeganges, so finden wir, daß diese Vervollkommnung und Veredlung 
des Lebens nicht eine lückenlose Entwicklung nach aufwärts, sondern eine mehr- 
fach von zeitweiligen Rückfällen unterbrochene ist. 
Selbstverständlich kommen nur die sogenannten Kulturvölker in Betracht, 
d. i. die den Boden besstellenden, in Staatsverbänden lebenden und Künste wie 
Wissenschasften pflegenden Völker. Kulturlose Völker (Fischer, Jäger, Hirten) 
wie solche mit verblühter Kultur (Inder, Chinesen, Mexikaner) treten nur vorüber- 
gehend ins geschichtliche Blickfeld; denn sie hatten entweder gar keinen oder einen 
geradezu hemmenden Einfluß auf die Fortentwicklung der Menschheit. 
Die Kulturentwicklung seßt mit dem S eß haft werd e n und mit der 
Bodenbestellung ein. Alle Kultur stammt sonach vom Bauern. „Alles Menschen- 
werk ist Kultur: Alles, was der Mensch an der Natur verändert, um in ihr und auch 
gegen sie leben zu können." So wächst die stoffliche Kultur mit dem Jich steigernden 
Bedürfnis. Aberauch die andere Seite der Kultur ~ die geistige ~ entwickelte 
sich: Religion, Künste und Wissenschaften zogen in die Siedlungen derMenscheneein. 
Um nachaußen stark zu sein, im Jnnern aber rechtlich und sozial geordnet zu leben, 
schlossen sie sich zur höchstentwickelten Form menschlicher Gemeinschaft zusammen: 
zum Staat. 
Von dem Gegensage aber, der zwischen Ein z e l wesen und G e me i n- 
schaft naturnotwendig besteht, und deren gegenseitiger Beeinflussung ging und 
geht noch immer der kulturelle Fortschritt aus. Nur die willensstarken Einzelnen, 
die großen Persönlichkeiten, haben die Massen vorwärts gebracht. 
Hauptsächlich durch die S ch ri f t wurden die Äußerungen des staatlichen 
Lebens auch der Nachwelt überliefert. Jene sind einerseits Handlungen der 
Fürsten, Feldherren, Staatsmänner und Gesetzgeber (politische Geschichte), ander- 
seits Zuständliches (das geistige und stoffliche Leben im Frieden: Kulturgeschichte).
	        
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