wurden, aber auch Gott der Weisheit und Dichtkunst, welcher die Zukunft schaute.
Wuotau verlieh den Sieg in der Schlacht und berief die gefallenen Helden nach Wal⸗
halla, wo sie sich mit Zechen und Jagen die Zeit verkürzten. Man dachte sich Wuotan
von mächtiger Körpergestalt, aber einäugig. Einen gewaltigen Speer schwingend, ritt
er auf dem achtfüßigen Rosse Sleipnir dem wüthenden Heere (der wilden Jagd) voran.
Der älteste Sohn Wuotan's war Donar (nordisch Thor), der im Gewitter die Erde
befruchtete, und wenn es donnerte, seinen Hammer Miölnir nach den Riesen, den
Feinden der Asen, schleuderte. Dem Donar, an welchen noch der Donnerstag erinnert,
galt die Eiche als geheiligter Baum. Ein anderer Sohn Wuotan's, Ziu (Tiu, Eru,
Saxnot, nordisch Tyr), wurde von Tacitus als Mars bezeichnet. Thatsächlich galt
er den Germanen, welche sich ihn mit nur einer Hand vorstellten, als Kriegsgott.
Der schönste unter den Asen war endlich Baldr Phoh, der Tages— und Sonnengott.
Unter den weiblichen Gottheiten ragte besonders eine hervor, die verschiedene
Namen führte, welche aber ein und dasselbe Wesen bezeichneten. Tacitus benannte
sie Nerthus und beschrieb ihren Cult, der auf einer Ostsee⸗Insel seinen Haupisitz hatte.
Nerthus (Hertha) galt als die Fruchtbarkeit speudende Erdmutter, welche aber auch das
daus und den Herd beschützt, die Ehe schirmt und die Kinder behütet. Da ihr die
Spindel geheiligt war, besuchte sie in den „zwölf Nächten“ Rauhnächten) gern die
Spinnstuben der Frauen. Sie beherrschte aber auch das Reich der Todten und nahm
alle jene bei sich auf, welche nicht auf dem Schlachtfelde starben. Man dachte sich die
Gottin als glänzend (Frau Perchta), hold (Golda, Frau Holle) und freundlich (Fri a),
und unter verschiedenen Namen lebt die Erinnerung an die altgermanische Erdgöttin
noch heute in der deutschen Volkssage fort. — Von den weiblichen Gottheiten geringerer
Bedeutung sind die drei Schicksalsgöttinnen (nordisch NRornen) und die Walkyrien
oder Schlachtenjungfrauen zu erwähnen. Letztere hatten im Dienste Wuotan's die in
der Schlacht sterbenden Helden nach Walhalla zu geleiten.
Als Elementargeister untergeordneter Art dachte man sich die Riesen, die
Repräsentanten der ungebändigten Naturkräfte, denen die Asen die Herrschaft über die
Welt entrissen hatten, die Elben (Elfen) und Zwerge. Die Elben herrschten als Geister
in der Luft und im Wasser (Mecke, Nixen), bewohnten aber auch Feld und Wald und
das Haus des Menschen KKobol de, Heimchen, Schrateln), welchem sie sich bald
freundlich und nützzlich, bald schädlich und boshaft erwiesen. Von den Zwergen, die im
Inneren der Berge hausten, glaubte man, daßs sie die im Schoße der Erde aufgehäuften
Schätze behüteten. — Der bei den Germanen allgemein verbreitet gewesene Heroen⸗
glaube manifestiert sich noch gegenwärtig in Lied und Sage. Der hervorragendste
unter den vergötterten Helden war Sigfried, welcher als eine Verkörberung des
Gottes Baldr aufzufassen ist.
Der Gottesdienst der Deutschen war einfach und schmucklos und
fand auf Berghöhen. im Inneren dichter Wälder oder an heiligen Quellen
statt. An diesen Stätten vollzog man die Opfer, welche in Früchten
und Thieren, wohl auch in Menschen (in den meisten Fällen gefangene
Feinde) bestanden. Auch feierliche Umzüge wurden gehalten, während
welchen allgemeiner Friede herrschen musste. So wurde das Bildnis
der Göttin Nerthus jährlich auf einem von Kühen gezogenen Wagen
an einen See gefahren und von Sclaven, die man hierauf tödtete,