1.55
Belgrad brachte in Ungarn solche Gährung hervor, dass der König
das Land verließ und sich über Wien nach Prag begab, wohin er den
Matthias Corvinus, denjüngeren Bruder des enthaupteten Ladislaus,
als Gefangenen mit sich führte. Hier starb König Ladislaus (Posthumus),
eben mit den Vorbereitungen zu seiner Vermählung beschäftigt, plötzlich
an der Pest, nach der Meinung des Volkes jedoch an Gift. Er war
der lettte Habsburger aus der albrechtinischen Linie.
§ 60.
Matthias Corvinus 1458—1490.
Die nationale Partei in Ungarn forderte mit Entschiedenheit die Wahl eines
einheimischen Königs. Sobald auf die ausländischen Thronwerber keine Rücksicht
genommen ward, konnte mit Sicherheit die Wahl des Matthias Corvinus,
damals Staatsgefangener in Prag, vorausgesetzt werden. Seine Freunde, in erster
Linie sein Oheim Michael Szilägyi, arbeiteten rührig an seiner Erhebung und
Georg von Podébrad entließ sofort den jugendlichen Matthias der Haft und
verlobte ihn auch mit seiner Tochter Katharina. –~ Am 23. Januar ' fand die
Königswahl, zu welcher Szilägyi ein Heer von 20.000 Mann aufgeboten hatte, auf
dem Rakos-Felde statt. Absichtlich stellte Szilägyi an dem sehr kalten Wintertage seine
Truppen auf dem Eise der gefrorenen Donau auf, bis die Leute, starr vor Kälte und
müde vom Warten, ausriefen: „Matthias sei unser König!“ Dieser Ruf pflanzte sich
durch die Menge fort und niemand wagte Widerspruch, da Szilägyi rings umher Galgen
hatte errichten lassen. Matthias, damals 15 Jahre alt, wurde König, aber durch
fünf Jahre sollte Szilägyi ihm als Reichsverweser an der Seite bleiben. + Die St.
Stephanskrone befand sich jedoch noch in der Verwahrung Friedrich's I. (§8 52,
55), der sich von einer ungarischen Gegenpartei zum Könige erwählen und in Wiener-
Neustadt krönen ließ. Auch verfocht in Oberungarn Giskra von Brandeis stand-
haft die habsburgischen Interessen. Oberungarn wurde von den Raubzügen der husi-
tischen Heerhaufen erst befreit, als es Matthias gelang, Giskra zur Unterwerfung zu
bewegen, worauf der König aus dessen Trupven seine berühmte und unbezwingbare .1468.
„schwarze Bande“ bildete.
Die Türken hatten mittlerweile ihre Macht weiter ausgebreitet
und dem bosnischen Fürsten Stephan Tomasevié Land und Leben
genommen. König Matthias schloss zuerst einen Vergleich mit
Friedrich UI., der ihm, gegen eine Geldsumme und gegen Anerkennung
des Thronfolgerechtes, die Stephans-Krone auslieferte. Hierauf eroberte
Matthias das wichtige Jaicze und den nördlichen Theil von Bosnien
zurück und empfieng im folgenden Jahre zu Stuhlweißenburg die
Krönung. Als Georg von Podekbrad wegen Begünstigung des
Husitismus mit der Kirche zerfiel und mit dem Banne belegt wurde
1463.
1464.