Full text: [Abth. 2, [Schülerband]] (Abth. 2, [Schülerband])

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vervielfältigt wurden. Bald konnten in der angedeuteten Weise auch Gebete, einzelne 
Evangelien und kurze Erzählungen profanen Inhalts abgedruckt werden. Für den Druck 
von Büchern war aber dieses Verfahren nicht ausreichend und auch viel zu kosstspielig, 
da man zu jeder Seite des Buches eine Holztafel benöthigt haben würde. Ein wichtiger 
Fortschritt wurde erst durch den Mainzer Patricier Johann Gensfleisch, in der 
Regel, nach dem Namen seiner Mutter, Gutenberg genannt, erreicht. Dieser verfiel, 
nachdem er sein Vermögen in fruchtlosen Versuchen verbraucht hatte, auf den Gedanken 
(1450), mit beweglichen Lettern, die man beliebig zusammensetzen und wieder aus- 
einandernehmen tonnte, zu drucken. Anfänglich verwendete er hiezu hölzerne Stäbchen 
(Buchstaben), die aber keineswegs zweckmäßig waren und häufig zerbrachen. Erst als 
ihm die Herstellung gegossener Lettern geglückt war, konnte mit dem Drucke der 
lateinischen Bibel begonnen und dieser nach etwa vier Jahren auch vollendet werden. 
Gutenberg wurde in seinen Unternehmungen von Johannes Fust und Peter 
Schöff er, welche beide aus .der neuen Kunst großen Gewinn zogen, unterstützt. Der 
eigentliche Erfinder aber starb in größter Armut 1468. — Die Erfindung der Buch- 
druckerkunst war von ungeheuerem Einflusse auf die Ausbreitung des Humanismus 
und die Zunahme der Bildung und Gessittung in allen Classen der Bevölkerung. 
Anfänglich wurde die neue Kunst nur in Mainz ausgeübt und die Gesellen und 
Arbeiter mussten deren Geheimhaltung angeloben. Als aber Mainz durch Unruhen 
und Kriege in Bedrängnis kam, verließen fast alle Gesellen ihre bisherige Werkstätte 
und verbreiteten die Buchdruckertunst über die meisten europäischen Länder. Der 
Preis der Bücher sank nun außerordentlich, obwohl, besonders in Italien, geradezu 
prachtvolle Drucke hergestellt wurden. Das früher von den Mönchen betriebene, äußerst 
einträgliche Abschreiben der Bücher bot nun keinen Gewinn mehr, weshalb es erklärlich 
wird, dass die Kunst des Buchdrucks leidenschaftlich angefeindet ward, und ihr namentlich 
die Kirche voll Missgunst gegenüber stand. 
1450. 
1455. 
. 
1468. 
4. Die Erfindung des Compasses. 
Die Magnetnadel war den Arabern schon längst bekannt, und von ihnen hatten 
sie die europäischen Völter kennen gelernt. Flavio Gioja (spr. Dschoja? aus Amalfi 
(im Anfange des 14. Jahrhunderts lebend) war also keineswegs, wie häufig erzählt 
wird, der Erfinder, sondern nur der Verbesserer des Compasses, indem er über einer 
Windrose die freischwebende Magnetnadel anbrachte. Immerhin hatte diese Verbesserung 
außerordentliche Bedeutung, da die Schiffer erst jetzt der Küstenfahrt entsagen und 
den Ocean aufsuchen dursten. 
§ 90. 
Dichtung. 
1. Nationalliteratur der Germanen. 
a) Nationalliteratur der Deutschen. Seit dem 13. Jahrhunderte begann 
der Verfall der deutschen Poesie, und die später aufblühenden Universitäten übten auf 
die Dichtkunst keinen belebenden Einfluss. – Das Ritterthum hatte seine Bedeutung
	        
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