Full text: Allgemeine Geschichte von Österreich mit steter Bezugnahme auf die Militär-Geschichte

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nicht fügen, so erweiterte er die Rechte der Fremden, bis die Ein¬ 
heimischen nachgaben. 
Um der Verpflichtung, die Bürger mit guter Ware zu be¬ 
dienen, nachzukommen, übte die Zunft mit Genehmigung des Rates 
eine Art G e w e r b e p o l i z e i ans. Sie hielt streng darauf, daß 
nur solche Personen als Mitglieder ausgenommen wurden, die 
einen guten Ruf genossen. Die zünftigen Meister mußten daher 
städtische Bürger sein, ihre eheliche Geburt nachweisen und im Rufe 
der Ehrlichkeit stehen; denn nur an solche wurde das Bürger¬ 
recht verliehen. Als unehrlich galten z. B. die Fahrenden, die 
Gaukler, Spielleute u. dergl., aber auch Scharsrichter, Stadt¬ 
büttel u. a. Sie waren handwerksunfähig. Den Nachweis beruf¬ 
licher Tüchtigkeit mußte man fordern, wenn die Zunft für die 
Lieferung guter Waren einstehen sollte. Darum hatte jeder auf¬ 
zunehmende Meister durch ein Zeugnis sich darüber auszuweisen, 
daß er bei einem zünftigen Meister eine Zeitlang gelernt habe 
und nach „ausgestandener Lehrzeit" ledig gesprochen worden wäre. 
Später entwickelte sich der Brauch, daß er außerdem eine förm¬ 
liche Prüfung abzulegen hatte, indem er unter Aufsicht des Zunft¬ 
vorstandes einen Beweis seines Könnens, das „Meisterstück" liefern, 
also den Befähigungsnachweis erbringen mußte. 
Die Gewerbepolizei der Zunft ging aber noch weiter. Alle 
von Einheimischen und Fremden zum Markt gebrachten Waren 
wurden der „Schau", also einer Besichtigung unterworfen. Es 
gab daher unter den Zunftmitgliedern besondere „Schauer" oder 
„Schaumeister", die die Güte des verwendeten Materials und die 
sorgfältige Ausführung der Arbeiten zu prüfen hatten. Dabei kam 
es vor, daß minderwertige Erzeugnisse vernichtet oder weggenommen 
und unter die Armen verteilt, die Verfertiger außerdem mit Geld¬ 
oder Leibesstrafen belegt wurden. Die gewebten Tuche z. B. 
mußten, bevor sie auf den Markt gebracht wurden, den „Zange¬ 
meistern" der Weberzunft vorgelegt werden. Entsprachen sie nach 
Länge und Breite uud sonstiger Beschaffenheit den bestehenden 
Vorschriften, so erhielten sie ein Bleisiegel, in das mit der Siegel¬ 
zange eine Marke eingeprägt wurde. Um die Warenschau zu er¬ 
leichtern, befanden sich auf dem Markte die Verkaufsstände gleich¬ 
artiger Handwerker gewöhnlich nebeneinander, oder man errichtete 
besondere Tuchhallen. Auch beschaffte die Stadt zu diesem Zwecke 
öffentliche Wagen und Normalmaße.
	        
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