Full text: Die Neuzeit (Bd. 3, [Schülerband])

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von da an die Augsburger Konfession benannt wurde und eine 
förmliche Scheidewand zwischen Katholiken und Protestanten autf- 
richtete.”) Alle Versuche, die Gegensätze auf friedlichem Wege zu 
beseitigen, blieben fruchtlos. Als Karl Miene machte, mit Ernst gegen 
lie Widerstrebenden aufzutreten, einigten sich viele protestantische 
Fürsten und Reichsstädte in einem Bunde zu Schmalkalden (1530/31; 
zu gegenseitigem Schutze und nötigten den Kaiser, dem es um Hilfe 
für seinen Bruder Ferdinand gegen die türkische Übermacht zu tun 
war, zu dem Religionsfrieden von Nürnberg (1532), in welchem 1532 
jedes gewaltsame Vorgehen gegen die Protestanten aufgegeben und die 
Beilegung der Streitigkeiten auf ein allgemeines Konzil verschoben 
wurde. Als Entgelt hiefür erklärten sich die Protestanten zur Hilfe 
vegen die Türken bereit. 
[Auftreten der Wiedertäufer in Münster.] Die Niederlage des Thomas Münzer 
hatte der Sekte der Wiedertäufer kein Ende gemacht, im Gegenteile verbreitete 
sie sich unaufhaltsam über Süddeutschland, drang nach Tirol und Österreich vor 
und gewann auch in Mähren einen zahlreichen Anhang, der sich daselbst bis zum 
Beginne des dreißigjährigen Krieges erhielt. Ihre Verfassung war mehr oder 
weniger kommunistisch. In der Bischofstadt Münster erlangten sie sogar die un- 
umschränkte Herrschaft und vertrieben ihre Gegner aus der Stadt. An der Spitze 
ler Bewegung standen der Bäcker Johann Matthys aus Haarlem und der 
Schneider Johann Bockelsohn aus Leyden. Das Volk wurde überredet, sein 
yesamtes Vermögen zum gemeinschaftlichen Gebrauch auszuliefern und alle Bücher 
außer der Bibel zu verbrennen. Mittlerweile hatte der Bischof von Münster im 
Vereine mit mehreren Fürsten ein Heer gesammelt und rückte zur Belagerung der 
Stadt heran. Nachdem Matthys, der die Verteidigung leitete, bei einem Ausfalle 
las Leben verloren hatte, riß Bockelsohn alle Gewalt an sich, ließ sich zum Könige 
ıles „neuen Zion“ ausrufen, führte Vielweiberei ein und gab sich den frevelhaftesten 
Ausschweifungen hin, welches Beispiel allgemeine Nachahmung fand. Endlich er- 
oberte der Bischof die Stadt und machte der greulichen Wirtschaft ein Ende. 
Backelsohn wurde gefangen genommen und unter den entsetzlichsten Martern 
hingerichtet (1535). 
*) Die Hauptpunkte der evangelischen Lehre, wie sie sich damals und später 
im Unterschiede zum katholischen Glauben ergaben, sind folgende: Quelle des 
Glaubens ist nur die heilige Schrift; die auf der Tradition und den Kirchenvätern 
beruhenden Satzungen verpflichten das Gewissen nicht; nur der Glaube, nicht aber 
ılie guten Werke führen zur Seligkeit; nur zwei Sakramente, Taufe und Abendmahy] 
nach erteilter Absolution der Sünden, sind in der Bibel begründet; Maria und den 
Heiligen kommt keine vermittelnde Wirkung zwischen Gott und den Menschen zu. 
An die Stelle der lateinischen Messe tritt deutscher Gottesdienst und das deutsche 
Kirchenlied; das Abendmahl wird unter beiden Gestalten und die Absolution ohne 
Öhrenbeichte erteilt. Die Priesterweihe wird verworfen, der Geistliche wird durch 
bloße Händeauflegung ordiniert und dJarf sich verehelichen; seine Krnennung gebührt 
teils dem Staate, teils der Gemeinde; er steht unter den weltlichen Gesetzen und 
Gerichten,
	        
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