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festungen für günstig. Da wurde in einem Familienrate der habs-
burgischen Prinzen‘ Matthias wegen der Regierungsunfähigkeit des
Kaisers zum Regenten und zum Haupte ihres Hauses erklärt. Matthias
brachte hierauf den Abschluß des Wiener Friedens zuwege (1606), 1606
durch welchen Bocskay Siebenbürgen und das angrenzende Ungam
erhielt, während der Kaiser seinen früheren Besitz in Ungarn behalten
und die ständischen Freiheiten in gewünschter Weise erweitern sollte.
Mit den "Türken wurde noch in demselben Jahre der Friede von Szitva-
Torok (unweit von Komorn) geschlossen, durch den ihnen ihr bis-
heriger Besitz verblieb, wogegen die dem Sultan bisher geleistete
Tributzahlung entfiel.
/Matthias gegen Rudolf.] Da Rudolf diese beiden Friedensschlüsse
nicht anerkennen wollte, erhob sich Matthias, geleitet von dem staats-
klugen Bischof (dem späteren Kardinal) Khlesl, gegen den Kaiser;
er verband sich mit den Ständen von Ungarn, Österreich und Mähren
und nötigte seinen Bruder im Vertrage von Lieben bei Prag (1608; 1608
zur Abtretung dieser Länder. Matthias ‚mußte nun in den erworbenen
Liindern den Ständen wichtige, namentlich religiöse Freiheiten zuge-
stehen, während sich der Kaiser in Böhmen zur Erteilung des Maje-
stütsbriefes genötigt sah (1609), der allgemeine Glaubensfrei- 1609
heit gewährte und dem Herren- und dem Ritterstande sowie den königlichen
Städten auch freie Religionsübung, d. h. das Recht des Kirchen-
baues, zusicherte. Ein zweites Gesetz, „der Vergleich“, erweiterte dieses
Recht auf die Bewohner der königlichen Güter, zu denen man auch die
geistlichen Güter zählte. — Um die verlorene Macht wieder zu gewinnen,
eröffnete der Kaiser seinem Vetter, dem Erzherzog Leopold, der Bischof
von Passau war, die Aussicht auf die Nachfolge von Böhmen. Leopold
warb eine Truppenschar, das Passauer Kriegsvolk, das in Böhmen einfiel
und bis Prag vorrückte. Die höhmischen Stände riefen jedoch Matthias
zu hilfe; dieser zog mit einem Heere nach Böhmen und nötigte Rudolf,
ihm den Rest seiner Besitzungen abzutreten (1611). Rudolf starb balü
darauf (1612) und sein Tod eröffnete seinem Bruder den Zugang zum 1612
deutschen Throne,
/Gründung der Union und der Liga.] Den Vorgängen in Österreich
folgten die Protestanten Deutschlands, vor allen die reformierten Fürsten
Friedrich IV. von der Pfalz und Christian von Anhalt, mit
xespannter Aufmerksamkeit. Die letzteren beabsichtigten eine Um-
wandlung der staatlichen Verhältnisse Deutschlands zu Gunsten des
Protestantismus, und da die Macht des Hauses Habsburg hiebei das
wesentlichste Hindernis bildete, wollten sie den Sturz desselben herbei-
führen. Aus diesem Grunde traten sie in Verbindung mit den Ständen