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B. Die arischen Völker.
Die Ursitze der Arier (Indogermanen) sind unbekannt. Die
einen vermuten sie in dem Hochlande an den Quellen des Oxus und
Jaxartes, die andern in dem Steppenlande am Mittellaufe der Wolga.
Von ihren Wohnsitzen aus verbreiteten sich einzelne Stämme in Kuropa
und erwuchsen zu den Thrako-Illvriern, Griechen, Italikern, Kelten,
Germanen, Slaven und Letten; andere (Arier im engeren Sinne) ließen
sich im Hochland von Iran nieder, wo sie als Baktrer, Meder und Perser
erscheinen; die Inder endlich zogen nach Hindostan. — Die Indogermanen
waren in ihren Ursitzen ein Hirtenvolk; die Stämme, die sich in Europa
ausbreiteten, wandten sich auch dem Ackerbau zu. Ihre Religion war
ein Lichtkultus. An der Spitze ihrer Götter stand der Gott des Licht-
himmels (ind. Djäus = Zeus, Juppiter; ind. Varuna = Uranus), dessen
Auge die Sonne ist. Seine Gemahlin ist die Erde. Umgeben ist der
Gott des Lichthimmels von einem Kreise von Lichtwesen, darunter
Mithra (das Tageslicht); als Feinde stehen ihm die Dämonen der
Finsternis entgegen.
V. Die Inder.“
$ 13. Beschreibung des Landes,
Indien war den Alten nur sehr unvollständig bekannt. Sie hatten
nur von den am Indus und Ganges gelegenen Länderstrichen einige
Kenntnis; von der Hochebene Dekan kannten sie nur die Westküste.
Indien bietet in seinen Landschaften ein Bild der mannigfachsten
Abwechslung. Unfruchtbar sind nur die Gebiete östlich vom mittleren
und unteren Indus, die an Regenmangel leiden, dagegen ist das vom
Ganges und von seinen vielen Nebenflüssen hewässerte Land verschwende-
risch mit Gaben jeder Art ausgestattet, fruchtbar und von reizender
Naturschönheit. In diesem Gebiete, das als das Paradies der Welt be-
zeichnet wird, entstand die indische Kultur. Es ist deshalb begreiflich,
daß die großen Eroberer des Altertums durch das weit verbreitete
*) Quellen und neuere Bearbeitungen: Die einheimischen Quellen
sind der Veda, d. i eine Sammlung alter religiöser Werke, das Gesetzbuch des
Manu und die Puranas, d. i. Sammlungen sagenhafter Geschichten, Um das
tiefere Studium der indischen Literatur erwarben sich August Wilhelm und
Friedrich v. Schlegel und Friedr. Max Müller (Ausgabe des Rig-Veda mit
dem Kommentar des Siyana 6 Bde., 1849—1874) große Verdienste. Lefmann,
Gesch. des alten Indiens, 1888. — Die Nachrichten der alten Griechen über Indien
sind entweder sehr mangelhaft, wie hei Herodot, Straho, Ptolemäus und
Arrianus, oder märchenhaft, wie bei Ktesias.